
Mario Draghi gewinnt - und verliert
DW
Italiens Ministerpräsident hat ein Vertrauensvotum im Senat zwar gewonnen, das angestrebte Ziel jedoch verpasst. Nun ist ein erneutes Rücktrittsangebot sehr wahrscheinlich.
Die Regierung des italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi steht möglicherweise doch vor dem Aus. Der 74-Jährige gewann zwar bei der entscheidenden Vertrauensabstimmung im Senat mit 95 Ja-Stimmen bei 39 Nein-Stimmen. Doch seine großen Regierungsparteien Lega, Forza Italia und die Fünf-Sterne-Bewegung stimmten nicht mit ab. Damit ist es wahrscheinlich, dass Draghi erneut seinen Rücktritt bei Staatschef Sergio Mattarella anbieten wird. An diesem Donnerstag will der 74-Jährige zunächst in der Abgeordnetenkammer erscheinen.
Eine breite Zustimmung in der kleineren der zwei Parlamentskammern hatte Draghi zur Bedingung gemacht, um an der Spitze der Regierung weiterzumachen. Lega und Forza Italia wollten nicht mit abstimmen, weil sie über einen anderen Beschlussantrag votieren wollten, der ein Weiterregieren mit der Fünf-Sterne-Bewegung ausgeschlossen hätte.
Nach seinem in der vorigen Woche vom Staatspräsidenten noch abgelehnten Rücktritt hatte Draghi vor dem Senat gesprochen. Dabei hatte er einen neuen "Vertrauenspakt" zwischen den Parteien gefordert. Dies sei der "einzige Weg, um zusammen zu bleiben", sagte er. "Sind Sie dazu bereit, diesen Pakt wiederherzustellen?" fragte der Ministerpräsident die Parlamentarier.
Der parteilose Ökonom erläuterte in seiner Rede die bislang erreichten Ziele seiner Regierung, die seit Februar 2021 im Amt ist und geschaffen wurde, um das Land aus der Corona-Pandemie und der wirtschaftlichen Krise heraus zu holen. "Ich war noch nie so stolz, Italiener zu sein", sagte Draghi.
Er äußerte zugleich harsche Kritik an den politischen Parteien. Italien brauche nicht nur ein "Scheinvertrauen" in die Regierung. "Sind Sie bereit, die Anstrengungen zu bestätigen, die Sie in den ersten Monaten unternommen und dann abgeschwächt haben?" fragte Draghi die Parlamentarier. Er ergänzte: "Die Antwort auf diese Frage müssen Sie nicht mir geben, sondern allen Italienern." Laut Umfragen steht die Mehrheit der Italiener weiterhin hinter Draghi.