Marine Le Pen - die "entgiftete" Kandidatin
DW
Seit ihrer Wahlniederlage 2017 hat Marine Le Pen ihr rechtsradikales Image aufgeweicht und entgiftet. Extreme Forderungen stehen im Hintergrund - sie konzentriert sich auf soziale Fragen, um neue Wähler zu gewinnen.
Der größte Coup ihrer Spindoktoren war vielleicht Marine Le Pens neues Diplom als Katzenzüchterin. Immer wenn es persönlich wurde in diesem Wahlkampf, sprach sie über ihre Liebe zu den Bengalkatzen, die zu Hause ihre Sofas bevölkern. Auch gab es ein unverrückbares Wahlkampf-Lächeln: Die Frisur weicher, die Stimme sanfter als früher, strahlte Le Pen tausende Male in die Selfie-Kameras ihrer Anhänger. Und sie hörte sich dabei in den armen und abgehängten Orten der französischen Provinz unermüdlich die Klagen über zu kleine Renten, Mindestlöhne oder Preissteigerungen an.
Marine Le Pen hatte ihre Partei, den einstigen "Front National", sozusagen als Erbstück von ihrem Vater Jean-Marie übernommen. Der gründete das rechtsradikale Sammelbecken für alte Algerienkämpfer und nationalistische Ultras in den 1970er Jahren und löste 2002 ein politisches Erdbeben aus, weil er bei der Präsidentschaftswahl plötzlich in der zweiten Runde gegen Jacques Chirac als Kandidat auf der Bühne stand. Der schlug ihn dann allerdings bei der Stichwahl vernichtend mit 87 Prozent.
Seitdem aber kämpfte die FN um einen Platz im politischen Licht. Als Marine die Partei 2011 übernahm und begann, den gröbsten Fremdenhass und die Erinnerung an faschistische Traditionen wegzupolieren, kam es zum Zerwürfnis zwischen Vater und Tochter. Er kritisierte ihren Kurs der Entradikalisierung, und als Le Pen Senior nebenbei die Gaskammern der Nazis als "Detail der Geschichte" bezeichnete, warf sie ihn aus der Partei.
Seitdem sind in der Familie die meisten Tischtücher zerschnitten: 2018, nach ihrer Wahlniederlage gegen Emmanuel Macron, nannte Marine Le Pen den Front National in Rassemblement National (RN) um, ein weiterer Schritt hin zu einem angepassteren, wählerfreundlicheren Image.
Vater Le Pen aber und Nichte Marion Maréchal Le Pen, die lange als Nachwuchshoffnung galt, missbilligen die Abkehr vom rechten Rand. In diesem Wahlkampf forderten beide die Franzosen auf, nicht für Marine Le Pen zu stimmen, sondern lieber Rechtsausleger Eric Zemmour zu unterstützen, der mit scharfen Parolen gegen Zuwanderung, den Islam und die Überfremdung Frankreichs agitierte. Der Wiedergänger des alten Front National landete in der ersten Runde dann allerdings bei mageren sieben Prozent.