
"Man hätte Putin wörtlich nehmen müssen"
n-tv
"Russland und Deutschland stehen sich so nah wie noch nie in ihrer Geschichte". 17 Jahre ist es her, dass Wladimir Putin diesen Satz gesagt hat - begleitet von einer symbolischen Einladung: Der spätere Kreml-Lobbyist Gerhard Schröder durfte 2005 als erster deutscher Regierungschef an der Gedenkfeier zum Sieg über Hitlerdeutschland teilnehmen. Doch spätestens seit der Annexion der Krim und dem Donbass-Krieg 2014 verwandelte sich die Ostpolitik in eine "Frostpolitik", mit der Zäsur am 24. Februar dieses Jahres, als Russland die Ukraine überfiel.
Der Historiker Stefan Creuzberger hat gerade eine umfassende Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen vorgelegt. Im Interview mit ntv.de erklärt er, was wir vom "Russlandversteher" Konrad Adenauer lernen können, warum die Ostdeutschen noch 30 Jahre nach der Einheit Russland anders sehen als die Westdeutschen - und wieso er der "Zeitenwende" von Olaf Scholz nicht recht traut.
ntv.de: 1955 reiste Konrad Adenauer nach Moskau. Die Deutschen hatten die Sowjetunion vierzehn Jahre zuvor brutal überfallen, die Sowjets hatten sich nach dem Krieg mit der DDR eine Art "Siegertrophäe" genommen, wie Sie schreiben. Adenauer hasste die Kommunisten im Kreml, und doch notierte er danach: "Man muss den Standpunkt der Russen verstehen." Russlandversteher, das ist heute eine Beschimpfung.
Stefan Creuzberger: Ja, mit dieser Formulierung setze ich mich in meinem Buch auch auseinander. Die sogenannten Russlandversteher oder auch Putinversteher gegen die anderen, die oft als "Kalte Krieger" bezeichnet werden. Eine Debatte auf dieser Ebene halte ich nicht für zielführend. In der Tat, wir müssen Putin verstehen, im Sinne von: Wie kommt der zu bestimmten Verhaltensweisen? Woher leiten sie sich ab? Verstehen heißt aber nicht billigen.

Sie hatten sich doch längst verabschiedet, nun sind sie wieder da: Der ganze alte Bundestag kommt in Berlin zusammen, um über die Schuldenpläne von Union und SPD zu diskutieren. Im Zentrum des Geschehens: die Grünen. Um deren Zustimmung werben die kommenden Regierungsparteien. Doch die zieren sich genüsslich.