
Magnus Carlsen - hat sich der Schachweltmeister selbst schachmatt gesetzt?
DW
Rücktritt angekündigt, Streit um Betrug am Brett und eine geschäftliche Niederlage: Schachweltmeister Magnus Carlsen hatte schon bessere Jahre. Wie es im Schachsport weitergeht, hängt nun nicht mehr von ihm alleine ab.
Der (noch) amtierende Schachweltmeister ist nach einem schwierigen Jahr mit sich im Reinen. "Ich liebe es, Schach zu spielen, aber ich habe keinen großen Ehrgeiz mehr, etwas zu erreichen", erzählt Magnus Carlsen in einem Interview mit dem Schach-Portal chess.com. Die Botschaft des vielleicht besten Schachspielers aller Zeiten lautet: Ich muss niemandem mehr etwas beweisen - und will mich nicht mehr der anstrengenden Vorbereitung auf ein WM-Duell aussetzen.
Schon im Sommer hatte der Norweger daher seine Entscheidung bekannt gegeben: Einen Rückkampf um den WM-Titel gegen Jan Nepomnjaschtschi aus Russland wird es nicht mehr geben. Der fünfmalige Champion tritt mit gerade einmal 32 Jahren ungeschlagen ab - wohl auch, weil der sportliche Reiz fehlt. Im klassischen Schach liegt er weiter deutlich vor seinen Konkurrenten.
"Für die WM und den Weltverband FIDE ist das natürlich ein Verlust, wenn der Spieler, den alle für den besten halten, nicht mehr antritt", sagt der dänische Großmeister Peter Heine Nielsen, Carlsens langjähriger Cheftrainer. Im Gespräch mit der Deutschen Welle ist er aber sicher: "Die Schach-Weltmeisterschaften haben eine lange Geschichte und die WM hat schon größere Krisen als diese überstanden." Doch auch der oberste deutsche Schachspieler, Schachbund-Präsident Ullrich Krause, findet, dass der Weltverband keine gute Figur macht: "Die müssen jetzt irgendwie erklären, warum der Weltmeister nicht mehr Weltmeister sein will."
Immerhin: Magnus Carlsen hat sich im Sommer eine Tür offen gelassen - vielleicht tritt er in den nächsten Jahren noch einmal an. Die Frage ist nur, was für eine WM das dann sein wird. Denn Carlsen hatte in den letzten Jahren immer wieder deutlich gemacht, dass er das klassische Format für ein Auslaufmodell halte. Mehrwöchige Turniere und Zweikämpfe mit stundenlangen Partien seien nicht mehr zeitgemäß, findet der Champion. Auch sein Coach sieht das so: "Schnelle Partien sind auch interessanter für die Zuschauer, die keine Experten sind", meint Nielsen. Hinzu kommt: "Die Spieler lieben Schnellschach. Ich halte das für einen unaufhaltsamen Trend, den die Schachwelt fördern und nicht bekämpfen sollte."