Lwiw: Leben im Schatten der russischen Invasion
DW
Lwiw im Westen der Ukraine galt vielen als sicherer Hafen. Seit Beginn des russischen Einmarsches bietet die Stadt hunderttausenden Flüchtlingen Zuflucht. Der Alltag in der Stadt geht weiter - trotz drohender Angriffe.
Es ist Frühling in Lwiw. Hunderte Kilometer liegen zwischen der Hauptstadt Kiew und der Front im Donbass. Fast könnte man vergessen, dass ein Krieg tobt. Im historischen Zentrum, das zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt, pulsiert das Leben. Inmitten der unzähligen trendigen Cafés und der gemütlichen Restaurants sind immer wieder Straßenmusiker zu hören. Babusyas, wie Großmütter in der Ukraine liebevoll genannt werden, verkaufen zauberhafte Narzissen.
Während es in einigen Nachbarländern seit Beginn des Krieges am 24. Februar zu Panikkäufen kam, gibt es in den Supermärkten hier keine Anzeichen dafür. Es gibt Lebensmittel im Überfluss, die Bäume schlagen aus und die Blumen blühen. Doch bei näherer Betrachtung bekommt die Idylle Risse. Passanten scheinen ihren Alltagsgeschäften wie gewohnt nachzugehen, aber ihren Gesichtern sieht man die Sorgen an.
Die Blicke der wenigen Menschen, die gemütlich durch die Stadt zu schlendern scheinen, bleiben an den zahlreichen architektonischen Schätzen der Stadt hängen. Die Sandsäcke und Metall- und Holzplatten, die sie ummanteln, um sie vor russischen Angriffen zu schützen, erinnern daran, dass sich das Land im Krieg befindet.
Yuri ist wie andere Einheimische überzeugt, dass das Leben weitergehen muss. "Während der ersten beiden Wochen stand ich unter Schock, aber danach habe ich wieder normal weitergemacht. Ich fühle mich hier sicher und habe keine Angst, denn ich weiß, dass unsere Streitkräfte siegen werden", sagt der etwa Sechzigjährige und schließt mit den Worten "Ruhm der Ukraine!"
Der Ausruf "Slava Ukraini" steht für ein Phänomen, das seit Beginn des Krieges in der gesamten Stadt zu beobachten ist: ein übersteigerter Patriotismus. Überall sind ukrainische Flaggen zu sehen und alle paar Minuten schallt einem die Nationalhymne entgegen, aus einem Geschäft, einem Auto oder einfach auf der Straße.