Kunstskandal: Die heikle Sonne
Frankfurter Rundschau
Kann ein Nazisymbol Kunst sein? Wenn das Kunstkollektiv Frankfurter Hauptschule in Aktion tritt, wird es kompliziert
Man kann die Angelegenheit positiv beschreiben: Im Aachener Kurpark hing ein Nazisymbol an einem historischen Gebäude, Bürger beschwerten sich, die Stadt ließ das Gebilde umgehend entfernen. Oder man formuliert es andersherum: Ein Frankfurter Künstlerkollektiv platzierte ein provokantes Kunstobjekt im öffentlichen Raum, hatte auch eine Genehmigung dafür eingeholt, doch das Ordnungsamt zensierte die Kunst. Beides richtig, beides falsch.
Die Fakten: Das Künstlerkollektiv Frankfurter Hauptschule, bekannt für provokative Interventionen, eröffnete seine erste Einzelausstellung im Neuen Aachener Kunstverein. Mit dem Titel „kANzELKuLTuR“. Thema der Schau ist „der Zusammenhang von Rechtsruck, Romantik und Esoterik“. Bestandteil sind Arbeiten im öffentlichen Raum. Im Kurpark, in dem sich auch der Kunstverein befindet, wurde eine historische Kapelle mit einem zwei mal drei Meter großen, eisernen Traumfänger (Titel: „Osten ist rechts“) versehen, in dessen Zentrum sich statt des üblichen Fadengeflechts eine schwarze Sonne befand. Dies ist ein Erkennungssymbol der rechtsesoterischen bis rechtsextremen Szene, das bereits die SS verwendete.
Betrachtet man die bisherigen Aktionen der Frankfurter Hauptschule, dann kann man ausschließen, dass es sich bei ihnen um Künstlerinnen und Künstler handelt, die den Rechtsextremismus verherrlichen. Das gut zwanzigköpfige Kunstkollektiv aus Frankfurt sorgte zuletzt 2020 mit dem fingierten Diebstahl einer Beuys-Skulptur und deren Überführung nach Tansania für Furore.
Das Sonnensymbol, so erklärt ein Mitglied des Kunstkollektivs am Telefon, sei in Deutschland nicht verboten. Das sei aber nur einer von mehreren Missständen, auf die man mit der Aktion habe aufmerksam machen wollen. Es gebe in Deutschland ein starkes „Faschisierungsproblem“, das von einer Bewegung ausgehe, die sich aus Querdenkern, Verschwörungstheoretiker, Nazis und Esoterikern zusammensetze. Die Proteste gegen den Traumfänger, so das Kollektivmitglied, das seinen Namen nicht nannte, seien teilweise aus dieser Szene gekommen, aber wohl auch aus dem linken Spektrum.
Gegen die Entfernung der zusätzlich im Kunstvereins-Garten installierten Batiktücher in Reichsflaggenoptik habe der Direktor Maurice Funken gerade noch einschreiten können.