
Kulturelle Außenseiter: Jene, die nicht mitmachen konnten, wollten, durften
Frankfurter Rundschau
Jonas Engelmanns Buch „Dahinter. Dazwischen. Daneben“ erzählt von Sonderlingen im Musik-, Film- und Kunstbetrieb. Von Christina Mohr
Will will will will kein Bestandteil sein / Tausch meine Stimme gegen Vogelgeschrei / Tausch meinen Schlag / Schlag des Herzens gegen Beben“: diese Zeilen raunte Blixa Bargeld 1980 auf dem Debütalbum seiner Band Einstürzende Neubauten. Der Track „Kein Bestandteil sein“ ist ein sperriges Manifest der Verweigerung, knapp zehn Minuten Aufbegehren gegen gesellschaftlich gefordertes Funktionieren. Die Punk-Version des Bartleby’schen Diktums „I’d prefer not to“ sozusagen, geboren aus der schieren Notwendigkeit, sich gegen die Verhältnisse stemmen zu müssen. Dass die Neubauten im Lauf der Jahrzehnte immer besser mit den Verhältnissen zurechtkamen und seit Langem keine Außenseiter mehr sind, sei ihnen gegönnt, schließlich lebt es sich als staatlich anerkannter Künstler um einiges bequemer.
Doch selbstbestimmt durch kulturelle und gesellschaftliche Schichten zu wandern, aus unterschiedlichen Lebensentwürfen wählen zu können, ist ein Privileg.
Viele der in „Dahinter. Dazwischen. Daneben“ porträtierten Musikerinnen, Zeichner und Autorinnen hatten oder haben dieses Privileg der freien Wahl nicht. Ohne je in Heldenverehrung oder Verklärung eines Rock’n’Roll-Rebellentums abzugleiten, erzählt Literaturwissenschaftler, Journalist und Verleger Jonas Engelmann die Lebensgeschichten künstlerisch tätiger Menschen, die nie einen Platz in der sogenannten Mitte der Gesellschaft fanden, allenfalls an deren Rand, im Untergrund, im Schatten – oder erst gar nicht auf der Erde, sondern irgendwo im Universum: „Space Is The Place“ ist der Titel eines semi-dokumentarischen Science-Fiction-Films aus dem Jahr 1972 von und über Herman Poole Blount, besser bekannt als Sun Ra.