Krieg in Europa: Was der Einmarsch Russlands in die Ukraine bedeutet
Frankfurter Rundschau
Der Krieg in der Ukraine hat schon vor dem Einmarsch Russlands im ganzen Land begonnen. Jetzt ist er in ganz Europa angekommen.
Kiew – Es ist Krieg. Und dieser Krieg wütet für viele unerkannt seit 2014 in Europa. Nun besetzt Russland die gesamte Ukraine. Präsident Wladimir Putin bringt damit Tod und Vernichtung unmittelbar an die Grenze der Nato. Auch nahe Lwiw (Lemberg) an der Westgrenze der Ukraine gingen wie in allen Teilen des Landes Raketen nieder – das ist gerade einmal zwei Stunden Flugstrecke vom Frankfurter Flughafen entfernt.
Es ist Krieg. Und es ist ein Krieg, der über die Ukraine hinaus tiefgreifende Auswirkungen haben wird. Putins brutaler Angriff auf den Nachbarn wird Menschenleben kosten. Die Menschen in der Ukraine bezahlen den Einmarsch mit ihrer Unversehrtheit. Das kann nicht ohne die Antwort massiver Sanktionen bleiben. Putin riskiert damit die völlige Isolation seines Landes, er kalkuliert ein, dass die russischen Gas- und Rohstoffexporte leiden – und er zerreißt damit auch das filigrane Netzwerk globaler Lieferketten.
Für den Westen bedeutet das: Das Ringen um den billigsten Energiepreis war gestern. Diese physische Bedrohung bringt verdrängte Fragen wie Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit zurück auf die Agenda.
Es ist Krieg. Und dieser Krieg stellt einen tiefen Einschnitt dar. Nach dem völkerrechtswidrigen, grundlosen Einmarsch Russlands in der Ukraine wird sich nicht nur die wirtschaftliche Ordnung verändern, auch die internationalen Organisationen müssen durch diesen Stresstest neu zueinanderfinden. Vor dem Ukraine-Krieg war oft von der Krise des Multilateralismus die Rede gewesen. Indem Putin die verbrecherischen Methoden des vorigen Jahrhunderts in die Gegenwart trägt, erinnert er auch an den etwas verblassten Grund für weltweite Zusammenschlüsse: Frieden.
Putins Unkalkulierbarkeit muss zu einer Renaissance supranationaler Entschlusskraft führen: Autokratische Herrscher müssen gestoppt werden, und auch im 21. Jahrhundert müssen sie die volle Härte der Sanktionen zu spüren bekommen.