Kretschmer: Ostdeutsche haben andere Position zum Krieg
n-tv
32 Jahre nach der Wiedervereinigung beklagt Sachsens Ministerpräsident Kretschmer, dass ostdeutsche Meinungen allenfalls in Sonntagsreden gleichberechtigt sind. Den Ukraine-Krieg beschreibt er dabei als "Einschnitt". Auch andere ostdeutsche Ministerpräsidenten sehen den Zusammenhalt in Gefahr.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine verändert nach Ansicht von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer das Verhältnis der Deutschen in Ost und West zueinander. "Dieser Krieg wird ein Einschnitt sein, der als ein gemeinsames bitteres Erlebnis in das kollektive Gedächtnis der Deutschen eingehen wird", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Wir werden künftig darüber sprechen, wie wir das gemeinsam erlebt haben". Das werde Deutschland und auch das Zusammenleben "grundlegend verändern". Es sei jetzt an der Zeit, nicht mehr nur in den Rückspiegel zu schauen, sondern die nunmehr angebrochene Zeitenwende gemeinsam zu gestalten.
32 Jahre nach der Wiedervereinigung müsse man akzeptieren, "dass es unterschiedliche Sichtweisen gibt, auch was den Blick auf den Krieg in der Ukraine betrifft und die Frage, wie man damit umgehen soll". Man müsse akzeptieren, "dass wir eine andere Position haben", und die sei "absolut gleichberechtigt". Es könne nicht sein, dass in Sonntagsreden immer gesagt werde, man müsse die Meinungen aus dem Osten ernst nehmen, und im Alltag sei es dann wieder anders.
Auch andere ostdeutsche Ministerpräsidenten sehen die Gefahr, dass die Erfolge beim Aufbau Ost seit der Wiedervereinigung durch die Energiekrise in Gefahr geraten. Vor dem Tag der Deutschen Einheit, der mit einem Festakt in Erfurt begangen wird, appellierten Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke von der SPD sowie Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff von der CDU an den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland. Sie verwiesen aber auch auf die Sorgen vieler Ostdeutscher vor dem Verlust des mühsam Aufgebauten.