Kreis Groß-Gerau: Ausbau von A 67 und A 60 gefährdet Trinkwassergewinnung
Frankfurter Rundschau
SPD, Grüne und Linke/Offene Liste wenden sich gegen den geplanten Ausbau der Autobahnen 67 und 60. Sie fordern den Bund auf, die Pläne zu streichen.
Die rot-grün-rote Koalition im Kreistag Groß-Gerau spricht sich „entschieden“ gegen die Verbreiterung der Autobahnen A60 und A67 aus, wie sie im Bundesverkehrswegeplan 2030 festgeschrieben ist. Das teilte die Fraktionsvorsitzende der Linken/Offene Liste, Christiane Böhm, am Freitag mit. Die Versieglung der Fläche habe erhebliche Nachteile für die Natur und gefährde die Trinkwassergewinnung in der Region.
Man wolle in Berlin darauf hinwirken, dass die 2016 unter der CDU-geführten Bundesregierung gefassten Erweiterungspläne gestoppt werden. Die aktuelle Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP habe im Koalitionsvertrag festgelegt, den Verkehrswegeplan unter ökologischen Gesichtspunkten auf den Prüfstand zu stellen. Jetzt fordert der Kreis Groß-Gerau die Autobahn GmbH des Bundes auf, „die geplante Erweiterung der beiden Autobahnen zu streichen“.
Laut Bundesverkehrswegeplan soll die A67 zwischen Mönchhofdreieck im Norden und Lorsch im Süden auf 42,7 Kilometern von vier auf sechs Fahrspuren verbreitert werden, die A60 auf 9,4 Kilometern zwischen Mainspitz-Dreieck im Westen und Rüsselsheimer Dreieck im Osten. Beides gilt als „vordringlicher Bedarf mit Engpassbeseitigung“. Der Kreis Groß-Gerau wäre erheblich betroffen, so die Koalition. „Bei der A60 würden landwirtschaftliche Flächen unwiederbringlich zerstört“, sagt SPD-Fraktionschefin Kerstin Geis. An der A67 müssten große Waldflächen gerodet werden.
Böhm wies auf die Flächenversiegelung hin. Diese betrage 52 Hektar Land oder Wald, die zum Teil unter Schutz stünden. Der Jägersburg-Gernsheimer Wald sei Vogelschutzgebiet, als Fauna-Flora-Habitat europarechtlich geschützt und in Teilen sogar Bannwald. Viele Städte sowie das gesamte Hessische Ried würden durch diesen Wald mit Trinkwasser versorgt. Durch eine weitere Rodung der schon stark belasteten Gebiete gerate die Sicherheit des Trinkwassers für die ganze Region in Gefahr. Auch der BUND Hessen lehnt insbesondere den Ausbau der A67 ab und bezeichnet das Projekt als eine der schlimmsten Waldzerstörungen im Hessischen Ried.
Die Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Karen Lischka und Franz Urhahn, weisen auf Alternativen hin: Um Verkehrsfluss und -sicherheit zu verbessern, seien ein Überholverbot für Lastwagen sowie ein Tempolimit besser geeignet. Zusätzliche Fahrstreifen provozierten nur noch mehr Verkehr. Die Grünen kritisieren auch die Kosten von weit mehr als einer halben Milliarde Euro für beide Projekte: „Das Geld wäre in einem gut ausgebauten ÖPNV sozial und ökologisch besser angelegt.“