Koalitionsvertrag: Packt die Ampel die große Reform des Gemeinnützigkeitsrechts an?
Frankfurter Rundschau
Die Ampelkoalition verspricht, endlich Rechtssicherheit für Vereine zu schaffen – Initiativen mahnen zur Eile.
Berlin - Darf ein Sport- oder Gesangsverein einen Aufruf gegen rechte Gewalt mittragen? Oder an einer Demonstration von Fridays for Future teilnehmen? Oder gefährdet er damit seinen gemeinnützigen Status? Und wie weit dürfen etwa Flüchtlingshilfsorganisationen gehen, um menschenfeindliche Konzepte rechter politischer Parteien anzuprangern?
Nachdem die Finanzbehörden in den vergangenen Jahren mehrfach großen und kleinen Vereinen die Gemeinnützigkeit entzogen hatten, war die Verunsicherung bei zivilgesellschaftlichen Organisationen riesig. „Wir haben bei vielen eine regelrechte Selbstzensur, ja Entpolitisierung beobachtet“, sagt Vivian Kube, Juristin der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF).
Jetzt hat das Bundesfinanzministerium (BMF) unter Finanzminister Christian Lindner (FDP) per Erlass für mehr Klarheit gesorgt, die auch Kube begrüßt. Allerdings reiche das noch längst nicht aus, so die GFF. Sie hofft deshalb, dass die Ampelregierung bald die große Reform des Gemeinnützigkeitsrechts anpackt, die im Koalitionsvertrag ausdrücklich versprochen ist.
Welche satzungsmäßigen Vereinsziele in Deutschland als gemeinnützig gelten, das ist in der Abgabenordnung (AO) nachzulesen und zwar in Paragraf 52: Da sind zum Beispiel Denkmalschutz, Natur- und Klimaschutz sowie die Förderung des demokratischen Staatswesens aufgeführt, aber auch Kleingärtnerei, Friedhofspflege und viele weitere.
Bleibt die Frage: Was dürfen die Vereine konkret tun – für ihre Ziele und darüber hinaus? Die gute Nachricht: Sie dürfen sich, wie das BMF jetzt klargestellt hat, auch jenseits ihrer Satzungsziele für Demokratie und Menschenrechte einsetzen – wenn das nicht überhandnimmt: Es sei nicht zu beanstanden, wenn sie „außerhalb ihrer Satzungszwecke vereinzelt zu tagespolitischen Themen“ Stellung nähmen, heißt es im geänderten Anwendungserlass zur Abgabenordnung.