Koalition ringt um Corona-Schutzvorgaben für den Herbst
ProSieben
Der Herbst scheint noch weit weg. Aber erwartet wird dann eine wieder kritischere Corona-Lage. Müssen dann auch zusätzliche Alltagsregeln kommen? Die Regierungspartner senden dazu unterschiedliche Signale.
In der Ampel-Koalition entwickelt sich Streit über erneute staatliche Corona-Schutzvorgaben wie Maskenpflichten für den Herbst. Führende FDP-Politiker pochten darauf, zunächst eine geplante wissenschaftliche Bewertung bisheriger Beschränkungen abzuwarten. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) forderte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag), die Ergebnisse dieser Evaluierung zu berücksichtigen, "bevor wir uns auf einzelne Maßnahmen vorschnell festlegen". Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte deutlich gemacht, dass im Herbst wieder mehr Schutzvorgaben benötigt würden. Bildungsgewerkschaften forderten Vorsorge für das nächste Schuljahr.
FDP-Vize Wolfgang Kubicki sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Einen weiteren Herbst und Winter wird es nicht geben, in denen wegen eines diffusen Datennebels Grundrechtsbeschränkungen vorgenommen werden." Er warf dem Gesundheitsministerium und dem Robert Koch-Institut (RKI) vor, in mehr als zwei Jahren Pandemie nicht in der Lage gewesen zu sein, "vernünftig nutzbare Daten zu erheben". Eine erneute Änderung des Infektionsschutzgesetzes, um strengere Maßnahmen wieder möglich zu machen, werde es mit den Freien Demokraten nur geben, wenn diese Änderung ausreichend wissenschaftlich begründet werden könne.
Lauterbachs erarbeitet derzeit eine Strategie für einen erwarteten Anstieg der Infektionen im Herbst. Dazu sollen neben einer neuen Impfkampagne, Testregeln und dem Einsatz von Medikamenten auch erneute Änderungen des Infektionsschutzgesetzes gehören, das zum 23. September ausläuft. Was derzeit an Instrumenten vorhanden sei, werde nicht ausreichen, um im Herbst gut vorbereitet zu sein, sagte der Minister beim Deutschen Ärztetag. Dabei gehe es um mehr, als nur eine Maskenpflicht in Innenräumen wieder zu ermöglichen.
Der Bundestag hatte im Infektionsschutzgesetz festgelegt, dass eine externe Evaluation der Vorgaben im Rahmen der mehrere Monate lang geltenden epidemischen Lage von nationaler Tragweite kommen soll. Ein dafür eingesetzter Sachverständigenausschuss soll laut Gesetz bis zum 30. Juni einen Bericht vorlegen. Der Berliner Virologe Christian Drosten war Ende April ausgeschieden. Der Vorsitzende des Gremiums, der Jurist Stefan Huster, hatte der "Süddeutschen Zeitung" gesagt, es gebe große Einhelligkeit in der Gruppe, dass bis Ende Juni "keine wissenschaftliche Vollevaluation aller Maßnahmen" zu leisten sei.