Kleine Festtags-Fluchten
Frankfurter Rundschau
In Jerusalem wird an Heiligabend der Soundtrack aus Sabbatsirenen, Glockengeläut zur Christvesper und Muezzin-Rufen erschallen.
Weihnachten kann mich mal. Stimmt natürlich nicht ganz. Einfach ignorieren lässt sich Heiligabend schwerlich. Nicht nur der Kindheitserinnerungen wegen, als man das Fest kaum erwarten konnte, das Glöckchen vor der Bescherung, das Glück beim Anblick der Tannenbaumlichter im Wohnzimmer.
Später, nach dem Auszug von zu Hause, wurde einem die im Familienkreis zelebrierte Gefühlsduselei irgendwann zu viel. Allerdings endete auch die Pokerrunde, zu der wir uns in der Frankfurter WG alternativ zur Stillen Nacht verabredeten, im Missklang aus überreizten Karten und Nerven.
Mit den Jahren kehrten wir dann wieder zurück zu weihnachtlichen Konventionen, sei es aus Rücksicht auf die Eltern oder eigene Kinder oder aus Liebe zu Gänsebraten. Manche gruselt es schon bei der Vorstellung, ausgerechnet an 24/12 allein daheim zu hocken. Entsprechend groß ist der Planungsdruck, den Abend mindestens in trauter Zweisamkeit, besser noch in einer Art familiärer Geselligkeit zu verbringen.