Klaus Biesenbach und die Nationalgalerie: Er hat noch einen Koffer in Berlin
Frankfurter Rundschau
Klaus Biesenbach kommt nach 17 Jahren USA in die Hauptstadt zurück.
Es war ein offenes Geheimnis. Die Leitungsämter der exponierten Nationalgalerie-Häuser Mies-van-der-Rohe-Bau und Hamburger Bahnhof waren ausgeschrieben. Dann folgte zum Wochenende die Meldung aus der Preußenstiftung, die Berlins Kunstlandschaft aufwirbelte: Klaus Biesenbach, 1991 erfolgreicher Gründer des KW-Institutes für internationale zeitgenössische Kunst sowie 1996 Initiator der Berlin Biennale, kehrt nach 17 Jahren aus den USA zurück. Der 55-Jährige wird zu Neujahr Direktor der kürzlich nach langer Generalsanierung wieder eröffneten Neuen Nationalgalerie, damit auch Chef des derzeit als Baustelle am Kulturforum sichtbaren künftigen Museums des 20. Jahrhunderts. Und der Hamburger Bahnhof bekommt eine männliche Doppelspitze mit Sam Bardaouil und Till Fellrath, bislang Gastkuratoren im Gropius-Bau. All das bedeutet stärkere internationale Aufstellung und Reputation, mehr Weltbürger-Appeal. Leute, die in Berlin mit ihm gearbeitet haben, sagen: Klaus Biesenbach und Nationalgalerie? Das passt. Er sei ein offenes, in schwierigen Situationen gestähltes Naturell und bestens vernetzt. Er kenne die deutschen Museumstrukturen, sehe sie durch die Zeit in den USA von außen. Zudem verhandele er stets auf Augenhöhe mit Politikern, mit Frauen und Männern seines Fachs, mit Künstlerinnen, Sammlern, Sponsoren. Und er wisse, wie Berlin tickt: Biesenbach war 23 und in New York, als die Berliner Mauer fiel. Er packte seine Sachen und flog nach Berlin, wollte dabei sein. Der Berlin-Mythos machte die Stadt zum Magneten. Alles schien möglich, die Claims waren noch nicht abgesteckt. Er gründete das KW Institut in einer ruinösen Margarinefabrik in Mitte und gewann die Politik als Förderer. Kreativität und Leidenschaft waren sein Startkapital. Seine Ausstellungen und die erste Berlin Biennale mit dem Charismatiker Christoph Schlingensief waren sensationell, fröhlich, frech. Es entwickelten sich vorher undenkbare Freiräume und ein Vertrauen, dass Berlin die freieste Kunststadt der Welt ohne Immobilienspekulanten werden könnte. Doch 2004 kam die jähe Wendung: Biesenbach folgte dem Ruf des New Yorker MoMA, machte dort steil Karriere als Chefkurator, wurde 2018 Künstlerischer Direktor am Museum of Contemporary Art (MOCA) in Los Angeles. Den KW Auguststraße blieb er indes eng verbunden. Da war noch immer ein Koffer in Berlin.More Related News