Klappmesser mit Felix
Frankfurter Rundschau
Dass es bei Hertha BSC längst nicht mehr um große Linien geht, sondern ums bloße Überleben, zeigt die Verpflichtung des vorgestrigen Fußballtrainers. Ein Kommentar.
Der Eindruck, den Felix Magath zuletzt bei öffentlichen Auftritten hinterließ: recht amüsant mitunter, vor allem aber irritierend vorgestrig. Egal, ob beim Besuch im Sportstudio, im Doppelpass, bei Sky 90 oder im Gespräch mit dem „Kicker“: Felix, der Allwissende, weiß noch immer alles besser und leitet seinen Fluch auf die Moderne tief aus der Steinzeit des Profifußballs her.
Selbstvertrauen, Selbstzweifel und Selbstkritik sind bei Felix Magath traditionell derart unausgewogen verteilt, dass der 68-Jährige sich das Himmelfahrtskommando Hertha natürlich allemal zutraut. So, wie er sich zuletzt auch den Job als „Head of Global Soccer“ bei den Würzburger Kickers und Admira Wacker Mödling aus Österreich zugetraut hatte. Als Wacker dann zielsicher auf den letzten Platz der österreichischen Liga und Würzburg zurück in Liga drei gemanagt worden war, verabschiedet sich Magath ruhmlos und schämte sich nicht, für sein Scheitern die Pandemie und unfaire Schiedsrichterentscheidungen verantwortlich zu machen. Ein Treppenwitz!
Angetreten war er in Würzburg, alimentiert von einem finanzkräftigen, aber offenbar ebenso größenwahnsinnigen Sponsor, mit ähnlich viel Tamtam wie jetzt in Berlin. Magath faselte vom Europapokal, einer langfristigen Strategie in der Jugendarbeit und phantasierte von der Förderung des Frauenfußballs, warf aber nach dem Aufstieg in die zweite Liga nach zwei Spieltagen schon den Trainer raus. Sechs Wochen später war bereits der nächste Chefcoach verbraucht und wurde vom Fußballchef mit dem gebotenen Zynismus verabschiedet: „Der Trainer kann weiter in Ruhe arbeiten – nur halt woanders.“ Es ist derselbe Felix Magath, der sich neulich erst im „Kicker“ beschwerte: „Du wirst nicht geschützt, sondern als Freiwild missbraucht.“
Aber wer weiß, vielleicht beschert die verzweifelt phantasievolle Idee von Hertha-Manager Fredi Bobic, den schwer erziehbaren Hertha-Profis mit Magaths Herbergsvater-Attitüde für die letzten acht Spieltage Beine zu machen, sogar den Klassenerhalt. Es geht ja gerade in Berlin-Charlottenburg nicht um große Linien, sondern ums bloße Überleben. Da können ein paar Liegestütze und Klappmesser auf feuchtem Boden und Steigerungsläufe querfeldein durch die Weiten des Klubgeländes womöglich nicht schaden. Und als ehemaliges Superhirn des großen Fußballs in Würzburg kann Magath glatt auf eine Anschlussbeschäftigung hoffen: als Head of Big City Club.