Kernkraft-Fantasie scheitert an desolater Industrie
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Bei der Weltklimakonferenz erklären 22 Staaten, dass sie die Atomkapazitäten bis 2050 verdreifachen wollen. Darunter befinden sich mit den USA, Frankreich, Finnland, Großbritannien, Japan, Kanada, den Niederlanden, Polen, Schweden, Südkorea und der Ukraine viele befreundete und erfahrene Kernkraftnationen. Doch Mycle Schneider schüttelt mit dem Kopf. "Es geht nicht", sagt der Herausgeber des Weltnuklearberichts (WNISR) im "Klima-Labor" von ntv. Denn das wären weit über 1000 neue AKW in 27 Jahren. Die Atomindustrie aber befindet sich in einem desolaten Zustand: "Diese Unternehmen sind bereits mit den existierenden Reaktorflotten bis an die Grenze ausgelastet", sagt Schneider, der bei Amerikanern, Franzosen und Südkoreanern auf Insolvenzen und Schuldenberge von bis zu 149 Milliarden Dollar verweist. Chinesische Kraftwerksbauer sind keine Alternative, denn die stehen auf einer schwarzen Liste der USA. Bliebe nur noch Russland ... "Ich muss nicht groß erklären, warum das problematisch ist", sagt Schneider.
ntv.de: Auf der Weltklimakonferenz haben 22 Staaten angekündigt, dass sie die Atomkapazitäten bis 2050 verdreifachen wollen. Ist dieser Plan umsetzbar?
Mycle Schneider: Zunächst einmal ist es kein verpflichtendes Ziel, sondern ein Pledge: 22 Länder versprechen, die globale Kapazität zu verdreifachen. Der World Nuclear Industry Status Report (WNISR) hat die Eigenschaft, empirische Analysen durchzuführen. Wir gehören nicht zur Kristallkugel-Fraktion, die Vorhersagen macht, aber wenn man sich die Daten der vergangenen 20 Jahren anschaut und überlegt: Was muss passieren, damit man dieses Ziel erreicht? Die Antwort ist sehr einfach: Es geht nicht. Das ist keine Frage von gut oder schlecht oder ein bisschen mehr oder ein bisschen weniger. Dieses Versprechen ist nicht umsetzbar.
Warum?
Wie geht es für die Tausenden Beschäftigten bei VW weiter? Der Konzern plant, die Bezüge in der Krise zu kürzen. Die Arbeitnehmer kontern mit einem eigenen Zukunftskonzept. Noch gibt sich der Autobauer bedeckt, zum Start der dritten Tarifrunde mobilisiert die IG Metall zu einer großen Demonstration in Wolfsburg.