Keine Perspektive für vertriebene Rohingya in der Heimat Myanmar
DW
Durch den Bürgerkrieg in Myanmar hat sich die Einstellung gegenüber den verachteten Rohingya teilweise verändert. An deren Elend ändert das aber nichts.
Vor fünf Jahren, im August 2017, startete die birmanische Armee im nordwestlichen Rakhine-Staat an der Grenze zu Bangladesch eine sogenannte "Säuberungsoperation" gegen die muslimische ethnische Minderheit der Rohingya. Zivilisten wurden ermordet, Frauen und Mädchen vergewaltigt, ganze Dörfer niedergebrannt. Etwa 700.000 Rohingya flohen über den Grenzfluss Naf ins benachbarte Bangladesch, wo sie bis heute in Flüchtlingslagern ausharren.
Das birmanische Militär rechtfertigte die Operation als Reaktion auf Angriffe der "Arakhan Rohingya Salvation Army" (ARSA), einer militanten Widerstandsgruppe der Rohingya, die wenige Tage zuvor mehrere Polizeistationen attackiert hatte. Die Vereinten Nationen und Menschenrechtsorganisationen verurteilten die Militäroperation als unverhältnismäßig. Dem Militär werden Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Genozid vorgeworfen. Aktuell läuft vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag ein Verfahren gegen Myanmar wegen Verstoßes gegen die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords.
Lange Geschichte der Diskriminierung
Die Rohingya, die in Myanmar als offizielle Minderheit nicht anerkannt sind, werden seit Jahrzehnten diskriminiert und dämonisiert. Viele von ihnen haben deswegen keine gültige Staatsbürgerschaft, erhalten keine medizinische Versorgung oder können sich folglich nicht frei bewegen oder ihre Kinder zur Schule schicken. Aktuell leben mehr als eine Million Rohingya in Bangladesch und zwischen 300.000 und 400.000 im weiteren Ausland. Etwa 400.000 leben weiterhin in Myanmar, die meisten in Lagern nahe Sittwe, der Hauptstadt des Rakhine-Staats, in dem die meisten Rohingya vor ihrer Vertreibung lebten. Die Mehrheit im Rakhine-Staat bilden allerdings die Arakanesen, eine buddhistische Ethnie, die sich ihrerseits seit Jahrzehnten mit der birmanischen Zentralregierung und dem Militär im Konflikt befindet.
Bei vielen Einwohnern Myanmars gelten die Rohingya als illegale Migranten aus dem benachbarten Bangladesch. Dabei lebt die überwiegende Mehrheit der Rohingya seit vielen Generationen in Myanmar. Außerdem, so ein oft geäußerter Vorwurf, bekämen sie als Muslime zu viele Kinder, heirateten buddhistische Frauen und würden so den Buddhismus in Myanmar gefährden. Der ist allerdings fest verankert: Über 87 Prozent der Gesamtbevölkerung sind Buddhisten. Die Theorie von der Verschwörung gegen den Buddhismus wurde von einflussreichen nationalistischen Mönchen in Videopredigten und den sozialen Medien insbesondere vor dem Jahr 2017 ständig wiederholt. Wie Studien gezeigt haben, hat die Hetze verfangen, fiel sie doch auf den fruchtbaren Boden jahrzehntealter Vorurteile und systematischer Benachteiligung der Rohingya.