Keine Lust auf Steuergeschenke
Süddeutsche Zeitung
Die Schweizer Bevölkerung hat gesprochen: Sie lehnt den Plan der Regierung ab, Unternehmen steuerlich zu entlasten. Auch das neue Mediengesetz und das Tierversuchsverbot fielen durch. Nur zu einem Vorhaben sagten sie schließlich Ja.
Es war wie häufig in den vergangenen Jahren ein voll gepackter Abstimmungstag für die Schweiz: Über vier Vorlagen mussten die Stimmberechtigten befinden, zwei Gesetze und zwei Volksinitiativen. Die größte Überraschung ist wohl das deutliche Nein der Bevölkerung zu einer geplanten Steuererleichterung für Unternehmen. Mit mehr als 62 Prozent Nein-Stimmen erteilten die Abstimmenden der Reform des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben eine deutliche Abfuhr.
Das ist eine bemerkenswerte Niederlage für das Schweizer Finanzministerium und die rechten und liberalen Parteien, die die Änderung im Parlament durchgesetzt hatten. Die dort unterlegenen linken Parteien, allen voran die Sozialdemokraten (SP), hatten Unterschriften gegen die Reform gesammelt und damit die Abstimmung erzwungen. Offenbar konnten sie mit ihrer zentralen These, hier würde wieder einmal das Kapital entlastet statt die normalen Bürger, eine Mehrheit überzeugen.
Die Schweiz stimmt über die Medienförderung ab. Die Lager streiten um den Preis der Unabhängigkeit. Von Isabel Pfaff
Für die Schweiz, ein Land mit teilweise extrem niedrigen Unternehmenssteuern (je nach Kanton), ist das ein interessantes Stimmungsbild. Denn sie bereitet sich derzeit auf die Umsetzung der von der OECD und den G20-Staaten vereinbarten Mindeststeuer für Unternehmen von 15 Prozent vor. Die Abschaffung der sogenannten Emissionsabgabe, die immer dann fällig wird, wenn man eine Firma gründet oder deren Eigenkapital erhöht, sollte die künftig von der globalen Mindeststeuer betroffenen Unternehmen entschädigen. Diese Reform, die den Bundeshaushalt jährlich um rund 250 Millionen Franken erleichtert hätte, lehnen offenkundig viele Bürgerinnen und Bürger ab.
Auch beim neuen Mediengesetz sagte die Bevölkerung Nein zu den Plänen von Regierung und Parlament: Knapp 55 Prozent sprachen sich dagegen aus, dass Schweizer Medien mehr Geld vom Staat erhalten sollen. Eigentlich sah das neue Medienpaket vor, dass Zeitungen, Radios, Fernsehsender, Onlinemedien und Agenturen über direkte und indirekte Förderinstrumente jährlich rund 150 Millionen Franken mehr an Unterstützung erhalten sollten.