Kein Gas mehr aus Russland - für immer?
ProSieben
Seit heute fließt kein russisches Gas mehr durch Nord Stream 1 nach Deutschland. Dieser Lieferstopp war wegen üblicher Wartungsarbeiten lange angekündigt. Es wird jedoch befürchtet, dass Russland auch nach dem Ende der Reparaturen am 21. Juli den Gashahn nicht mehr aufdrehen wird.
Die Bundesregierung wird nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock alles dafür tun, um eine Spaltung der Gesellschaft bei einer Verknappung russischer Gaslieferungen zu verhindern. «Wenn wir weniger Energie haben, wenn wir weniger Wärmeversorgung haben, dann werden wir dafür sorgen, dass es gerecht zugehen wird», sagte die Grünen-Politikerin am Montag nach einem Treffen mit ihrem japanischen Amtskollegen Yoshimasa Hayashi in Tokio. Unionsforderungen nach einer längeren Laufzeit der restlichen drei deutschen Atomkraftwerke wies sie erneut zurück.
Am Montagmorgen begann die schrittweise Abschaltung der zuletzt wichtigsten Verbindung für russisches Erdgas nach Deutschland. Seit 6.00 Uhr werde der Gasfluss durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 für die langfristig angekündigten Wartungsarbeiten heruntergefahren, sagte ein Sprecher der Nord Stream AG der Deutschen Presse-Agentur. Die Sorge ist, dass Russland nach Abschluss der Arbeiten den Gashahn nicht wieder aufdreht.
Baerbock sagte: «Wir versuchen nach Kräften, alles vorzubereiten, dass mit Blick auf den Winter die Frage von Wärme eben zu keiner Spaltung in der Gesellschaft führt.» Genau das sei das Ziel der hybriden Kriegsführung des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die Bundesregierung werde nicht zulassen, dass die Energieversorgung zur sozialen Frage werde.
Laut Bundesnetzagentur finden die Arbeiten nicht direkt an der Leitung, sondern an den Verdichterstationen, etwa in Lubmin statt. Die Arbeiten sollten unter normalen Umständen im geplanten Zeitraum fertiggestellt werden können, hieß es von der Behörde. In der Vergangenheit wich die Dauer der Arbeiten teilweise leicht von der angesetzten Zeit ab.
Unter anderem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat Bedenken geäußert, dass Russland den Gashahn auch nach Abschluss der Wartung nicht mehr aufdrehen könnte. Das russische Staatsunternehmen Gazprom hatte die Liefermenge im Juni mit Verweis auf technische Probleme deutlich gedrosselt. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine Ende Februar gilt die Versorgung Europas mit Gas aus Russland als gefährdet. Eine dauerhafte Abschaltung könnte laut Modellen der Bundesnetzagentur unter Umständen zu einem Gasmangel in Deutschland im Winter führen.