Kein Ende des Lieferketten-Lottos
DW
Pandemie, Krieg und Inflation: Das belastet die deutsche Wirtschaft extrem - Rezessionsangst macht sich breit. Der Handel hofft auf eine Stabilisierung der Lieferketten. Zu Recht oder kommt das dicke Ende erst noch?
Es gibt Daten, die nahelegen, dass der internationale Handel inzwischen wieder runder läuft als in den vergangenen beiden Jahren. Das augenfälligste Indiz aus deutscher Sicht ist, dass sich der Stau von Containerschiffen in der Deutschen Bucht aufzulösen beginnt: Warteten im vergangenen Monat noch 19 Schiffe vor Bremerhaven und Hamburg, so sind es nach Angaben des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) derzeit gerade noch 12, und der Trend ist positiv.
Außerdem sanken die Kosten für Container und Schiffe wieder. Die Corona-Pandemie hatte seit 2020 den globalen Warenverkehr durcheinandergewirbelt - die Verfügbarkeit von Frachtkapazität sank, die Nachfrage insbesondere nach Gütern aus Fernost stieg. Die Frachtraten stiegen zwischenzeitlich teilweise auf das Zehnfache der lange Jahre üblichen Transportkosten.
Dass es gegenwärtig im Welthandel etwas runder läuft, bestätigt auch Vincent Stamer, Handelsexperte am IfW. "In den vergangenen Monaten gab es zunehmend Zeichen der Entspannung: "Der Global Supply Chain Pressure Index beispielsweise misst das Ausmaß der globalen Lieferengpässe und ist seit Beginn des Jahres merklich gefallen."
Den Rückgang der Frachtraten erklärt er mit dem aktuell veränderten Konsumverhalten in Europa: "Ausgelöst durch Rezessionsängste und Inflation scheint die Nachfrage nach Konsumgütern aus Fernost zurückzugehen. Ein Rückgang dieser Importe zeigt sich dann auch in einem Rückgang der Transportkosten auf diesen Routen, weil weniger Güter transportiert werden müssen", so Stamer zur DW.
Inzwischen haben aber auch viele Unternehmen ihre Einkaufswege geändert oder diversifiziert. Das hatte das Münchener Ifo-Institut in einer Umfrage in diesem Sommer festgestellt: Fast 90 Prozent der deutschen Industriebetriebe haben bereits auf die globalen Lieferkettenprobleme reagiert.