
Kehrtwende in der EU-Flüchtlingspolitik?
DW
Das gab es noch nie: Die EU will Millionen Menschen aus dem Kriegsgebiet Ukraine aufnehmen. Der jahrelange Streit um Asyl- und Migrationspolitik könnte unverhofft vorankommen. Bernd Riegert aus Brüssel.
Es ist gerade einmal sechs Wochen her, da begann Polen an seiner Grenze zu Belarus mit dem Bau einer Mauer. Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten, die über Belarus aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan in die EU gelangen wollten, sollen abgeschreckt werden.
Das Drama um einige Tausend Menschen, die in Eiseskälte im Grenzgebiet ausharren mussten und weder nach Polen einreisen noch nach Belarus zurück dürften, hatte wochenlang Schlagzeilen gemacht.
Und nun das: Vor acht Tagen hat Polen, wie alle übrigen EU-Staaten, seine Grenzen für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine weit geöffnet. Jeder und jede soll aufgenommen werden, so lautet das Versprechen der Präsident der EU-Kommission Ursula von der Leyen.
"Was für ein Unterschied!", meint Catherine Woollard, Direktorin des Europäischen Rates für Flüchtlinge und Exil (ECRE) in Brüssel. Woollard kümmert sich mit ihrem Zusammenschluss von Dutzenden Hilfsorganisationen seit vielen Jahren um Migrationspolitik.
Die aktuelle Krise ist mit bis zu vier Millionen erwarteten Flüchtlingen die größte, die Europa seit dem Zweiten Weltkrieg erleben wird. "Die EU ist fähig, damit fertig zu werden. Sie war auch 2015 fähig, damit umzugehen, aber wir sehen heute eine völlig andere Antwort", so Flüchtlings-Expertin Woollard.