
Kasachstans Präsident erteilt Schießbefehl bei weiteren Unruhen
DW
Angesichts blutiger Ausschreitungen greift Kasachstans Präsident Kassym-Jomart Tokajew hart durch: Er ordnete an, dass die Sicherheitskräfte im Falle weiterer Unruhen ohne Vorwarnung schießen sollen.
Wer sich nicht ergebe, werde vernichtet, drohte Präsident Kassym-Jomart Tokajew in einer Fernsehansprache. Mit Blick auf die Demonstranten sprach er von "Terroristen", die aus dem Ausland gesteuert seien. Bis zu 20.000 Banditen hätten die Wirtschaftsmetropole Almaty angegriffen und Staatseigentum zerstört. Die Angreifer hätten einen "klaren Plan" gehabt und seien "bereit für den Kampf" gewesen. Ihre "Eliminierung" werde nun aber "in Kürze abgeschlossen sein". Die tagelangen zum Teil gewaltsamen Proteste hatten sich an einer drastischen Erhöhung der Autogaspreise zum Jahreswechsel entzündet und richten sich inzwischen auch gegen die Führung des öl- und gasreichen zentralasiatischen Landes.
Er habe beschlossen, in einigen Regionen die Sperrung des Internets wieder aufzuheben, sagte Tokajew. Russland und andere Nachbarstaaten hätten auf seine Bitte hin Friedenstruppen geschickt. Am Donnerstag waren erste Einheiten des russisch geführten Militärbündnisses "Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit" (OVKS) in Kasachstan eingetroffen. Sie blieben vorübergehend im Land, um die Sicherheit zu gewährleisten, erklärte Tokajew. "Mein besonderer Dank gilt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er hat sehr schnell und vor allem freundlich auf meinen Anruf reagiert", sagte der Präsident in der Ansprache. Seinen Dank richtete der Staatschef auch an China, Usbekistan und die Türkei. Zur Zahl der entsandten Soldaten machte die OVKS zunächst keine Angaben.
Die Proteste und gewalttätigen Ausschreitungen gehen offenbar weiter. Den zentralen Platz der Millionenstadt Almaty besetzten über Stunden abwechselnd kasachische Truppen und Demonstranten. Reporter der Nachrichtenagentur Reuters berichteten von Explosionen und Schüssen. Die genaue Lage vor Ort ist unklar, Internetseiten kasachischer Medien sind vom Ausland aus nicht zu erreichen. In Almaty gibt es kaum ausländische Beobachter.
Infolge der Unruhen wurden nach Angaben des Innenministeriums 26 Demonstranten getötet. Es nannte die Todesopfer "bewaffnete Verbrecher". Zudem habe es mehr als 3000 Festnahmen gegeben, meldet der Staatssender Khabar 24 am Freitagmorgen unter Berufung auf das Ministerium. Schon am Donnerstag hatte das Staatsfernsehen berichtet, allein in Almaty seien Dutzende Menschen "eliminiert" worden. Das ließ bereits auf zivile Todesopfer schließen. Das Innenministerium bestätigte nun auch den Tod von 18 Polizisten und Nationalgardisten. Fast 400 Verletzte würden landesweit im Krankenhaus versorgt, 62 Menschen befänden sich auf der Intensivstation, sagte der stellvertretende Gesundheitsminister Aschar Guinijat.
Am Donnerstagabend Moskauer Zeit hatte das russische Verteidigungsministerium die Ankunft einer von Russland angeführten sogenannten Friedenstruppe vermeldet. Erstmals überhaupt in der Geschichte des von Moskau ins Leben gerufenen Militärbündnisses "Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit" schickt die Allianz Einheiten in einen Mitgliedstaat. Der Allianz gehören neben Russland und Kasachstan vier weitere ehemalige Sowjetrepubliken an, Belarus, Armenien, Kirgisistan und Tadschikistan. Zur Zahl der entsandten Soldaten gibt es keine Angaben.