Karneval trotz Krieg? Psychologe: "Es ist ganz wichtig, auch abzuschalten"
RTL
Darf man in Anbetracht des Kriegs in der Ukraine wirklich ausgelassen feiern? Psychologe Dr. Lüdke hat eine Antwort.
Alaaf und Helau! Der Straßenkarneval hat begonnen. In den Karnevalshochburgen ist es bunt, laut und fröhlich. Die Jecken lachen, tanzen und feiern. Zur gleichen Zeit fallen in Osteuropa Bomben. Menschen weinen, fliehen und sterben. Nur etwa zweieinhalb Flugstunden von Deutschland entfernt. Im Video oben sagt der Präsident des Festkomitee Kölner Karneval, Christoph Kuckelkorn: "Es gibt niemanden, der sich heute geschminkt hat und nicht an die Ukraine denkt." Aber ist es unter diesen Umständen überhaupt moralisch vertretbar, Karneval zu feiern? Oder ist es für uns gerade jetzt wichtig das Leben zu genießen? Psychologe Dr. Christian Lüdke hat eine Antwort auf diese schwierige Frage.
Lese-Tipp: Alle aktuellen Informationen zum Ukraine-Konflikt finden Sie in unserem Live-Ticker auf RTL.de
Am Morgen des 24. Februar 2022 befiehlt Wladimir Putin den Angriff auf die Ukraine. Am Vormittag des 24. Februar, um exakt 11.11 Uhr, wird mit einem lauten Knall die heiße Phase des Karnevals eingeläutet. Den Auftakt zeigen wir oben im Video. "Wir verurteilen das in der Ukraine aufs schärfste", stellt Kölner Prinz Sven Oleff im RTL-Interview klar. "Der Kölner Karneval steht für Weltoffenheit und wir lassen uns von keinem Dispoten die Grenzen des Frohsinns aufzeigen."
Frohsinn in dieser traurigen Zeit. Aber auch in dem bunten Trubel beschäftigt der Krieg in der Ukraine viele Jecken in Köln. "Ich kann das für die Zeit hier ausblenden", sagt ein Mann. "Muss ich gezwungenermaßen, um ein bisschen Spaß zu haben. Aber danach sitzt man wieder vorm Fernseher mit den Nachrichten. Schlecht." "Man hat schon Gedanken daran", so eine Frau. "Aber ich hoffe, dass mal ein bisschen Normalität ins Leben kommt."
Ein bisschen Normalität! Danach sehnen sich gerade in einer solchen Situation viele Menschen. "Ich glaube, dass bei allen Menschen das grundlegende Sicherheitsgefühl ganz massiv erschüttert wird", erklärt Psychologe Dr. Christian Lüdke im RTL-Interview. Sich verkleiden, auf die Straße gehen, das Leben feiern. Das sollte moralisch nicht verwerflich sein. "Es ist vollkommen in Ordnung, auch bei dieser Tragik, bei diesen schrecklichen Ereignissen trotzdem das eigene Leben weiterzuleben. Und dazu gehört es dann auch in dem Rahmen eben auch Karneval zu feiern", so der Psychologe. "Das hat nichts mit einer Entwertung zu tun. Sondern es ist ganz wichtig, auch abzuschalten, um einfach Spaß zu haben, Freude zu erleben, um Kräfte zu sammeln, um mit diesem Problem zurechtzukommen."
Die Ablenkung zum Karnevalsauftakt wollen sich viele nicht nehmen lassen. Das für Montag geplante Rosenmontagsfest mit einem Umzug im Rheinenergiestadion hat das Festkomitee Kölner Karneval jetzt aber wegen des Kriegs in der Ukraine abgesagt. (sli)