Kanada sagt Test ab: Nationalmannschaft Irans als Spielball des Regimes?
DW
Ein umstrittenes Testspiel zwischen Kanada und Iran ist von Seiten des kanadischen Fußball-Verbandes abgesagt worden. Der hochbrisante Fall hat längst eine politische Dimension auf beiden Seiten angenommen.
Sardar Azmoun hatte sich auf eine besondere Reise gefreut: Anfang Juni sollte der Profi von Bayer Leverkusen mit der iranischen Fußball-Nationalmannschaft ein Testspiel gegen Kanada bestreiten. Ein weiteres gegen Ecuador und ein Trainingslager in Kanada waren für den Iran, der wie Kanada für die WM 2022 qualifiziert ist, vorgesehen. Doch der kanadische Verband sagte das Spiel gegen die iranische Auswahl am Donnerstagabend europäischer Zeit ab und sorgte damit für weiteren politischen Zündstoff zwischen den beiden Ländern, die seit 2012 keine diplomatischen Beziehungen mehr unterhalten.
Dennoch sind Azmoun und Teile der Mannschaft nach Ankara gereist, wo sie in der kanadischen Botschaft ihre Visumsanträge stellen wollten. In zwei getrennten Reisedelegationen sollte das iranische Team in die türkische Hauptstadt kommen, um die Anträge zu stellen. Azmoun gehörte zur ersten Gruppe und schrieb am Freitagmorgen bei Instagram: "Auf in die Türkei."
Und auch auf die Absage seitens des kanadischen Verbandes reagierte er via Instagram: "Ich bedauere sehr, dass dieses Freundschaftsspiel abgesagt wurde. Ich hoffe nur, dass unsere künftigen Vorbereitungsspiele für die WM nicht vom gleichen Schicksal betroffen sein werden", schrieb der 27-Jährige. Er und sein Team seien "zum Spielball des kanadischen Fußballverbandes" geworden.
Der kanadische Verband nannte in seiner Mitteilung über die Absage keine konkreten Gründe. Hauptgrund dürfte jedoch der öffentliche Druck gewesen sein, der durch Proteste von Angehörigen der Todesopfer des Flugzeugabschusses 2020 in Iran ausgelöst wurde. Am 8. Januar 2020 war eine Maschine auf dem Weg nach Kiew kurz nach dem Start von iranischen Streitkräften nahe Teheran abgeschossen worden. Unter den 176 getöteten Menschen an Bord befanden sich unter anderen 55 kanadische Staatsbürger und 30 weitere Einwohner des Landes.
Die Ansetzung des Testspiels gegen den Iran am 5. Juni 2022 in Vancouver hatte in Kanada folglich von Beginn an für Proteste gesorgt. Auch Premierminister Justin Trudeau äußerte sich kritisch: "Ich denke, es war keine gute Idee, das Fußballteam des Irans hierher nach Kanada einzuladen. Aber das müssen die Organisatoren erklären", sagte der Regierungschef Mitte Mai.