Kampf um die Stimmen der Armen
Süddeutsche Zeitung
Ab Donnerstag wird in fünf indischen Bundesstaaten abgestimmt - auch über die Politik von Premierminister Modi. Eine wichtige Rolle spielen die Bauern und der Konflikt zwischen Hindus und Muslimen.
"Wir werden warten, wer in den Umfragen vorne liegt, hinter der BJP - und diese Partei werden wir dann geschlossen wählen." Das sagte Rakesh Tikait, 51, Sprecher von etwa 40 Millionen Bauern aus Uttar Pradesh, der Süddeutschen Zeitung. Nach einer missglückten Agrar-Reform blockierten die Bauern aus diesem und anderen Bundesstaaten monatelang die Zugangsstraßen nach Delhi mit Protest-Camps, es gab Krawalle und Tote. "Wir werden hierblieben, bis man mit uns spricht" sagte Tikait August vergangenen Jahres. Im Dezember, nach fast einem Jahr, gab die Regierung schließlich nach - ein Sieg für die Bauern.
Die Camps sind mittlerweile abgebaut, nun wird gewählt. Ab dem 10. Februar in Uttar Pradesh, dem größten und bevölkerungsreichsten Bundesstaat in Indien, danach im Punjab, in Goa, Manipur, und Uttarakand. Bis zum 7. März wird das gehen und außer im Punjab ist überall die BJP, die Bharatiya Janata Party, an der Regierung. Es wird also auch eine Abstimmung über Premierminister Narendra Modi, 71, werden. Über seinen Umgang mit den Bauern und natürlich mit der Pandemie.
Seit einem Jahr demonstrieren die indischen Bauern gegen die Regierung - es gab Blockaden, Straßenschlachten und Tote. Nun fahren sie eine Rekordernte ein und müssen sich zwischen Protestcamp und Bauernhof aufteilen. Aufgeben wollen sie aber nicht. Von David Pfeifer
Die Regierung hatte mit späten und harten Lockdowns reagiert, die dazu führten, dass sich Covid-19 durch die heimreisenden Wanderarbeiter erst im ganzen Land verbreiten konnte. Das Gesundheitssystem brach zusammen. In Delhi hat fast jeder eine Geschichte von Leid, Tod und Trauer zu erzählen. Und von horrenden Rechnungen, die man geschickt bekam, Wochen nachdem man sich von den Verwandten in den Krankenhäusern per Smartphone verabschieden musste. Seitdem wird Zahlenmagie betrieben: die Regierung spricht von mittlerweile etwa 500 000 Corona-Toten, unabhängige Beobachter von mehr als vier Millionen. Beide Zahlen muss man an einer Bevölkerung von 1.3 Milliarden Menschen messen.
Uttar Pradesh, wo die Wahlen nun starten, wäre mit etwa 240 Millionen Einwohnern als eigenes Land das fünftgrößte der Welt, nach China und den USA, vor Brasilien und Pakistan. Mehr als 150 Millionen Wählerinnen und Wähler werden dort ab dem 10. Februar in 174 351 Wahllokalen an sieben Terminen ihre Stimme abgeben, das letzte Mal am 7. März. Tausende von Polizisten und Sicherheitsbeamten sind im Einsatz, um einen freien und fairen Verlauf der Wahlen zu gewährleisten.