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Kaczynski in Kiew: Spiel mit dem Feuer
Frankfurter Rundschau
Die Regierungschefs von drei EU-Ländern besuchen Kiew. Sie bekommen viel Lob für ihren Mut, doch es gibt auch Kritik an ihren Aussagen.
Die Szenerie atmet Bunker-Atmosphäre. Es ist ein düsterer, fensterloser Raum, in dem Wolodymyr Selenskyj seine Gäste empfängt. Wasserflaschen und Plastikbecher stehen auf dem Tisch. Keine Spur von Feierlichkeit. Und doch ist der ukrainische Präsident feierlich gestimmt: „Sie sind hier, um uns zu unterstützen. Das ist ein mutiger Schritt. Mit solchen Partnern gewinnen wir.“ Selenskyj meint den Krieg, der draußen tobt.
Es ist also zweifellos mutig, wenn der polnische Premier Mateusz Morawiecki und seine Kollegen aus Tschechien und Slowenien mit dem Zug durch die halbe Ukraine reisen, um in Kiew Solidarität zu schwören: „Diese Invasion muss enden. Wir werden euch niemals allein lassen.“
So formuliert es Morawiecki. Die Worte sind wichtig. Die Bilder erst recht. All das hat enorme Symbolkraft. Denn die Botschaft dieses Besuchs lautet: Es geht in der Ukraine um alles. Es geht um die Existenz der freien Welt. Kiew 2022 ist demnach nicht weniger bedeutsam als Berlin zur Zeit der Luftbrücke 1948, als Bürgermeister Ernst Reuter ausrief: „Ihr Völker der Welt, schaut auf diese Stadt.“
Bei Morawiecki klingt das so: „Europa muss verstehen, dass es nicht mehr dasselbe sein wird, wenn wir die Ukraine verlieren. Es wird dann nicht länger Europa sein, sondern eine geschlagene, gedemütigte Version seiner selbst.“ Das ist nicht so griffig wie bei Reuter, meint aber das gleiche. Bei so viel Sein-oder-Nichtsein-Rhetorik fällt es Beobachter:innen am Mittwoch nicht leicht, unter dem Symbolischen das Substanzielle dieser Reise freizulegen.
Was zum Beispiel meint der polnische Vizepremier Jaroslaw Kaczynski, wenn er eine „Friedensmission der Nato“ fordert? Es sind teils verstörende Worte, die beim Kiew-Besuch der EU-Troika fallen, die in Wirklichkeit eine Quadriga ist. Denn neben Morawiecki, Fiala und Jansa ist Kaczynski als Vierter im Bunde mitgereist. Es ist ein offenes Geheimnis, dass in der polnischen Politik am Ende der Chef der Regierungspartei PiS, Kaczynski, entscheidet.