Künstliche Intelligenz statt neuer Bahngleise
Süddeutsche Zeitung
Pünktliche Züge trotz Störungen: Moderne Digitaltechnik soll S-Bahnen in München und Frankfurt zuverlässiger machen. Die Pilotprojekte gelten als Blaupause für das ganze Land.
Wenn die Passagiere in den nächsten Wochen bei sinkenden Corona-Zahlen in die Züge zurückkehren, kommt auch das größte Problem der Deutschen Bahn zurück: Überall im Land fehlt es an Kapazitäten auf den Gleisen. Das Schienennetz ist auf den wichtigsten Achsen schon jetzt überlastet. Fällt ein Zug aus, oder hat ein ICE Verspätung, gerät der fein austarierte Fahrplan oft aus den Fugen. Die Folge: Schienen-Staus, Verspätungen und über den Haufen geworfene Zeitpläne bei der Wartung. Fachleute rätseln längst, wie es eigentlich gelingen soll, den Bahnverkehr bis 2030, wie von der Bundesregierung geplant, zu verdoppeln.
Die Deutsche Bahn kündigt nun an, den Mangel an Gleisen künftig stärker mit modernster Digitaltechnik zu bekämpfen. "Künstliche Intelligenz soll uns verstärkt dabei helfen, Probleme im Verkehr zu erkennen und Züge pünktlich fahren zu lassen", kündigt die neue Digital- und Technikvorständin der Bahn, Daniela Gerd tom Markotten, an. So könnten künftig auch deutlich mehr Züge auf dem gleichen Netz unterwegs sein.
Der Staatskonzern will die Technik zunächst in Pilotprojekten ausbauen. Nach einem ersten Test in Stuttgart, soll Künstliche Intelligenz nun beim Betrieb der S-Bahnen in München und im Rhein-Main-Gebiet helfen. Der Konzern denkt aber auch bereits über den bundesweiten Einsatz nach.
Zum Einsatz kommen soll die Technik dort, wo so genannte Disponentinnen und Disponenten den gesamten Zugverkehr steuern und überwachen: In den Leitstellen. Mit der technischen Unterstützung sollen die Leistellen bei Problemen besser gegensteuern können. Die Technik soll etwa Passagierströme berechnen und empfehlen, welcher Zug als erster einen Bahnhof verlässt. Die Zugplaner können sich in einer Art Videoclip anzeigen lassen, wie sich mögliche Entscheidungen im weiteren Verkehr auswirken würden.
Bei einem ersten Pilotvorhaben in Stuttgart habe die Bahn so bei Störungen Verspätungen von bis zu acht Minuten ausgleichen können, sagt Managerin Gerd tom Markotten. Die Bahn habe in Stuttgart zudem 17 Züge auf der Haupttrasse mehr pro Tag und Richtung fahren lassen können. Das verspreche auch deutlich mehr Kapazitäten für das Gesamtnetz, wenn die Technik überall zum Einsatz komme, so Gerd tom Markotten.