Künstliche Intelligenz im ZKM:Wie Maschinen einander zuhören
Frankfurter Rundschau
Über Medien, die sich wie Menschen verhalten: Die Ausstellung „BioMedien“ im ZKM denkt über Intelligenz nachVon Sandra Danicke
Lässig marschieren sie zu Plingplong-Musik von links nach rechts über den Bildschirm. Toll, diese Wuschelkostüme! Einige sehen aus wie wildgewordene Wischmopps, andere ähneln vergrößerten Bakterienkulturen oder einem afghanischen Windhund, der sich den Regen aus dem Fell schüttelt. Ui, ein rosafarbene Pilzbefall, wie originell! Können wir den nochmal kurz sehen? Leider nein, denn jede dieser schwungvollen, wie ein Model laufenden Figuren kommt hier nur einmal vorbei, und es sind viele, endlos viele. Die Protagonisten dieser eigenwilligen Parade entstammen einem Videokunstwerk namens „Infinity“, das im wahrsten Sinne des Wortes endlos läuft. Jedes Mal, wenn man hinschaut, sieht man etwas Neues, jede Minute, jeden Tag, für immer. Denn die Figuren werden in Echtzeit generiert.
Möglich ist das durch eine spezielle Kodierung und die neueste Apple M1-Chip- oder Nvidia-Grafiktechnologie (für die Spezialisten unter uns). Der Stream wird aus dem Studio von Universal Everything, einem „digitalen Kunstpraxis- und Designstudio“ mit Sitz im englischen Sheffield übertragen. Derzeit ist es im Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe (ZKM) in der Ausstellung „BioMedien. Das Zeitalter der Medien mit lebensähnlichem Verhalten“ zu sehen, kann aber auch im Netz betrachtet werden.
Die Ausstellung beschäftigt sich mit einem Themenkomplex, der die Welt derzeit massiv umtreibt: Wo liegt die Schnittstelle zwischen Technik und Leben? Wer oder was definiert, was lebendig und was intelligent ist? Können künstliche Lebensformen empathisch sein? Welche ethischen Fragen stellen sich? Wobei sich Experten dem Thema schon weit länger annehmen, als man auf Anhieb denkt. Bereits seit Jahrhunderten versuchen Menschen, Maschinen zu konstruieren, die das Leben simulieren – von der Animatronik - mechanische Automaten, die mit Hydraulik, Pneumatik oder Uhrwerken betrieben werden und die es bereits im 16. Jahrhundert gab - über Bewegungsmaschinen auf Rädern im 19. Jahrhundert bis zum Bewegtbild, der Kinematografie, im 20. Jahrhundert.