Küche. Kinder. Kamera.
n-tv
Im Münsteraner "Tatort" dreht es sich um den Tod einer "Momfluencerin", die mittels Ratschlägen und Kaufempfehlungen ihr Leben auf Social Media postete. Boerne und Thiel fremdeln dezent mit der Situation, durchaus nachvollziehbar angesichts eines Phänomens zwischen Wahn und Voyeurismus.
In einer frühen WG zu Studienzeiten, jenem unter anderem von improvisiertem Mobiliar und zusammengewürfeltem Haushalt geprägten Lebensabschnitt also, gab es ein legendäres Küchenhandtuch aus den 60er Jahren. Die Illustration einer Szene mit Mann und Frau war darauf darauf zu sehen, gezeichnet im leichten Pinselstreich jener Dekade, sie den Abwasch machend, er beim Abtrocknen, beide in harmonischem Lächeln vereint. Der Schriftzug ein bis heute zitiertes, aus der Zeit gefallenes Bonmot: "Mutti freut sich. Vati hilft auch mit".
Schaut man sich die gut ausgeleuchteten, unter Momfluencer einsortierten Ratschlagmütter anno 2023 an, wie sie Aufbewahrungsboxen und Fitness-Smoothies empfehlen, den Balkon schick machen und den Bauchspeck wegcrunchen, das Baby jonglieren und die Hautcreme verschmieren, muss man feststellen: Seit diesen fernen Zeiten, der Ära von Avon-Beraterin und Tupper-Party, hat sich eigentlich gar nicht so viel verändert.
Wobei sich natürlich einiges an postmodernem Wahnwitz aufgetan hat, den man einst, als die Influencer noch Klementine, Egon Hoegen und Jacques Galet hießen, sich wohl beileibe nicht hätte vorstellen können. Ganz vorn, ganz oben dabei etwa die "Dubai Moms" von RTL+, die ihren Follower*innen auf Instagram das Luxusleben in der Wüstenei präsentieren, mit Anna Maria Ferchichi als Quasi-Neuzugang, ihr "Alltag" mit Bushido und den sieben Kindern eine "Reality"-Soap der Extraklasse. Mutti freut sich. Vati rappt auch mit.