Jutta Ditfurth: Ukraine-Krieg als „willkommene Ausrede für Aufrüstung der Bundeswehr“
Frankfurter Rundschau
Die Politikerin Jutta Ditfurth hält die Aufrüstung der Bundeswehr während des Ukraine-Kriegs für falsch und fürchtet ein internationales Wettrüsten.
Frau Ditfurth, die Ampelregierung plant, den Bundeswehretat um 100 Milliarden Euro wegen des Ukraine-Kriegs zu erhöhen. Ist die Reaktion angemessen?
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine, der Schock, die Gefühle und die Empathie der Menschen werden missbraucht, um dem deutschen Militär und den deutschen Rüstungskonzernen 100 Milliarden Euro zuzuschieben. Nirgends wurde erklärt, wofür genau diese irrwitzige Summe ausgegeben werden soll, und wie sie den Menschen in der Ukraine konkret helfen soll. Waffenlieferungen vergrößern und verlängern diesen Krieg und machen ihn immer furchtbarer. Russland ist hochgerüstet und muss auf anderem Weg dazu gebracht werden, den Krieg zu beenden. Es wurde ja auch beschlossen, dass der Anteil des Verteidigungshaushalts ab jetzt jedes Jahr auf mehr als 2 % des Bruttoinlandprodukts steigen soll.
Die Bundeswehr gilt aktuell als marode ...
Dass die Bundeswehr kaputt gespart wurde, ist eine jahrzehntelang von Interessengruppen geschürte Legende. Deutschland hat bereits heute einen der höchsten Wehretats der Welt und wird jetzt vermutlich weltweit von Platz 7 auf Platz 4 oder 3 der Staaten mit den höchsten Verteidigungsetats vorrücken. Als Antimilitaristin kann ich dieser Erhöhung der Aufrüstung niemals zustimmen. Wer den Rüstungswettlauf so anheizt, wie Deutschland das mit dieser Entscheidung getan hat, könnte am Ende für einen Atomkrieg mitverantwortlich werden.
Wo soll das Geld überhaupt herkommen? Da die neue Bundesregierung eine Schuldenbremse beschlossen hat, wird das Geld direkt oder indirekt dem Sozialetat entzogen werden. Auch das Gesundheitswesen bräuchte dringend eine bessere Finanzierung. Und was wurde eigentlich aus dem Kampf gegen die Klimakatastrophe? Überall dort wird dieses Geld fehlen. Das bedeutet, die Klimakatastrophe wird beschleunigt. Die Armut wächst. Und selbst in kapitalistischen reichen Staaten, wie dem, in dem wir leben, wird nur noch eine privilegierte Minderheit die volle mögliche Gesundheitsversorgung genießen. Und wer an einen Aufschwung in Sachen sozialer Wohnungsbau glaubte, sollte aufhören zu träumen.