
Jugendhilfe-Beschäftigte sehen Kinderschutz in Gefahr
n-tv
Überall fehlen Fachkräfte, auch bei den Jugendämtern. Die müssen sich gleichzeitig um immer mehr hilfebedürftige junge Menschen kümmern. Die Folgen können dramatisch sein, im schlimmsten Fall geht es um Leben und Tod.
Kita-Gruppen müssen zusammengelegt werden, weil Erzieherinnen und Erzieher fehlen. Immer wieder fällt wegen Lehrkräftemangels Unterricht an Schulen aus. Weniger im öffentlichen Bewusstsein ist, dass auch Jugendämter, soziale Dienste, Heime oder Wohngruppen für Minderjährige unter einem dramatischen Fachkräftemangel leiden. Dabei sollte das Mitte 2021 in Kraft getretene Kinder- und Jugendstärkungsgesetz eigentlich Mädchen und Jungen aus einem belasteten Umfeld besser unterstützen.
Die Realität sieht anders aus. "Wir können an manchen Stellen den Kinderschutz nicht mehr gewährleisten", sagt Kerstin Kubisch-Piesk. Die Berlinerin ist Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD). Sie vertritt die Mitarbeitenden in den rund 560 Jugendämtern in Deutschland, die sich unter anderem um den Kinderschutz, Familienberatung und die Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge kümmern.
In den vergangenen Jahren seien die Aufgaben und Fallzahlen beim ASD gewachsen, gleichzeitig fehle Personal, klagt Kubisch-Piesk, die seit rund 30 Jahren im Jugendamt arbeitet. Nach Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln gibt es bei den Sozialarbeitern neben den Erziehern die größte Fachkräftelücke unter allen Berufen. Manche jungen Kolleginnen müssten zum Berufsstart gleich 70 bis 80 Familien betreuen, berichtet Kubisch-Piesk. "Wir müssen priorisieren, und wir können oft auch nicht so viele Hausbesuche machen, wie notwendig wären." Teilweise sei nicht mehr sicherzustellen, dass nach Meldungen eines Verdachts auf Kindeswohlgefährdung jeder Fall von zwei Personen begutachtet wird, wie es die Standards erfordern.
