Jazz-Musiker Rolf Kühn ist tot
DW
Er war einer der wenigen deutschen Jazzer von Weltruf, spielte mit Benny Goodman, John Coltrane und Chick Corea - und immer wieder mit seinem Bruder Joachim. Jetzt ist Rolf Kühn im Alter von 92 Jahren gestorben.
"Er lebte ein erfülltes Leben, das bis zu seinem letzten Tag der Musik, der Kultur und der Freude gewidmet war", so Kühns Ehefrau Melanie und sein Bruder Joachim. Bis fast zuletzt spielte er noch täglich zwei Stunden auf seiner Klarinette.
Rolf Kühns Familiengeschichte zwischen Nazi-Herrschaft, Judenverfolgung, Zweitem Weltkrieg und dem Mauerbau in Berlin ist auch ein Spiegel deutscher Geschichte. Er wurde am 29. September 1929 in Köln geboren, kurz darauf siedelten seine Eltern nach Leipzig um. Vater Kurt war Zirkusartist, Mutter Grete, geborene Moses, führte einen Zigarrenladen. 1938, in der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November, zerstörte ein Nazi-Schlägertrupp das Geschäft. Der Vater wollte sich nicht von seiner jüdischen Frau scheiden lassen und wurde aus der Theaterkammer des Deutschen Reiches ausgeschlossen.
Rolf begann mit acht Jahren, Klavier zu spielen. Mit elf nahm er dann auch Klarinettenunterricht. Da er aber als sogenannter "Halbjude" nicht die Musikschule besuchen durfte, ging er heimlich zu Privatlehrern, dort lernte er auch Saxofon.
Jazz hörte er 1947 erstmals bei Jutta Hipp, später eine bekannte Pianistin, die ihm zu Hause Benny Goodman vorspielte.
Mit 16 verdingte sich Rolf Kühn als Pianist in einer Opernballettschule, mit 17 nahm ihn das neu gegründete Rundfunk-Tanzorchester Leipzig unter Vertrag. Kurz vor Gründung der DDR 1949 bekam Rolf Kühn ein Jobangebot im Westen: am Timmendorfer Strand in Schleswig-Holstein. Dort spielte er in einer Bar für Hamburger auf, die den Krieg hinter sich lassen und endlich wieder das Leben genießen wollten.