
Ist ein Stück der Sonne abgebrochen? Was an der Geschichte dran ist
Frankfurter Rundschau
Medienberichten zufolge ist ein Stück der Sonne „abgebrochen“. Was ist an der Geschichte dran? Ein Überblick.
Kassel – Aufnahmen, die das Solar Dynamics Observatory der US-Raumfahrtorganisation Nasa von der Sonne gemacht hat, zeigen einen ungewöhnlichen Anblick: In der Nähe des Nordpols der Sonne ist ein riesiges Filament (eine fadenförmige Struktur) aus Sonnenplasma zu sehen, das scheinbar „abreißt“ und dann einen Wirbelsturm rund um den nördlichen Pol der Sonne entstehen lässt.
Was genau auf der Sonne geschehen ist, verwundert selbst Fachleute, die zugeben, dass sie ein derartiges Phänomen noch nie gesehen haben. Ein Tweet der Weltraumwetter-Expertin Tamitha Skov, in dem ein Video von dem Ereignis zu sehen ist, ging viral und sorgte für eine Menge missverständlicher Artikel zum Thema. „Ein Stück der Sonne ist abgebrochen“ konnte man lesen oder die Behauptung, das „James Webb“-Weltraumteleskop von Nasa und Esa hätte das seltsame Phänomen auf der Sonne aufgenommen, berichtet hna.de. Was ist an diesen Behauptungen dran?
Skov erklärt das, was in der Aufnahme der Nasa-Raumsonde „Solar Dynamics Observatory“ zu sehen ist, in ihrem Blog: „Es ist alles ein Teil des total normalen und beeindruckenden Sonnen-Balletts.“ Doch was ist tatsächlich auf der Sonne passiert? Eine ganz normale Protuberanz – ein Strom, bestehend aus elektrisch geladenem Plasma – ist auf der Sonne entstanden. Protuberanzen sind häufig auf der Sonne zu sehen, nicht nur am Nordpol des Sterns.
Am 2. Februar löste sich die riesige Protuberanz in der Nähe des 55. Breitengrads von der Sonnenoberfläche, das Material wirbelte anschließend um den Nordpol der Sonne, was im Nasa-Video zu sehen ist. Das Loslösen einer Protuberanz von der Sonne ist ein ganz normaler, beinahe alltäglicher Vorgang – und bedeutet keineswegs, dass ein Stück der Sonne „abgebrochen“ ist. Selten ist nur das, was danach geschah: Dass das Plasma wie ein Wirbelsturm um den Nordpol tanzte.
„Dieser Wirbel wurde nun in vielen Medien als ‚ein Stück der Sonne bricht ab‘ zitiert, aber glauben Sie den Hype nicht!“, schreibt Skov in ihrem Blog. Der Solarforscher Scott McIntosh erklärt gegenüber Space.com, dass eine solche Protuberanz in jedem 11-jährigen Sonnenzyklus am 55. Breitengrad entsteht. Das sei „sehr merkwürdig“ und es gebe viele Fragen: „Warum bewegt es sich nur ein einziges Mal in Richtung der Pole, verschwindet dann und kehrt dann auf magische Weise drei oder vier Jahre später in genau derselben Region zurück?“