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Ist das jetzt Murks oder doch der Befreiungsschlag?
n-tv
Der Bundestag beschließt mit den Stimmen der Ampel ein neues Wahlrecht - dabei ist die Debatte dazu so leidenschaftlich, hitzig und laut wie selten. Das liegt daran, dass sich beide Seiten im Recht wähnen. Aber wer hat denn nun wirklich recht?
Popcorn-Momente im Bundestag sind selten, aber an diesem Vormittag gab es gleich mehrere davon. Bevor die Ampel-Parteien ihre Wahlrechtsreform beschlossen, stritten die Abgeordneten so hitzig, dass es unterhaltsam war wie selten. "Mit der Abschaffung der Grundmandatsklausel wollen Sie die Linke aus dem Parlament drängen und das Existenzrecht der CSU infrage stellen, und das mit offensichtlicher Freude!", schimpfte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Jan Korte von der Linken rief: "Ich wünsche Ihnen politisch alles erdenklich Schlechte und wir sehen uns in Karlsruhe!" Konstantin Kuhle von der FDP giftete zurück: "Die CSU hat Norbert Lammert die Wahlrechtsreform versaut, die CSU hat Wolfgang Schäuble die Wahlrechtsreform versaut und sie wird nicht der Wahlrechtsreform der Ampelkoalition versauen!"
Kurios an diesem Streit ist, dass eigentlich alle Parteien dasselbe wollen: Der Bundestag soll kleiner werden. Aktuell tummeln sich dort 736 Abgeordnete und damit mehr als je zuvor. Vorgesehen sind eigentlich nur 598 Sitze. In Zeiten, in denen viele den Gürtel enger schnallen müssen, sieht das nicht gut aus. Kriegt die Politik es hin, sich selbst zu beschränken? Diese Frage stellt die Ampel in den Mittelpunkt. "Diese Reform ist das Signal, dass sich die Politik nicht von Veränderungen ausnimmt", sagte SPD-Politiker Sebastian Hartmann. "Wir beweisen unsere eigene Reformfähigkeit." Künftig soll der Bundestag 630 Abgeordnete haben und das ohne Wenn und Aber. Diese Größe finden eigentlich alle in Ordnung. Doch es ist der eingeschlagene Weg dorthin, der Linke und CSU auf die Barrikaden treibt.
Dass die Wellen so hoch schwappen, ist kein Wunder. Es geht um viel, für Linke und CSU vielleicht um alles. Das neue Wahlrecht sieht vor, dass die Fünf-Prozent-Hürde ohne Ausnahme gilt und nicht mehr zwingend jeder direkt gewählte Kandidat in den Bundestag einzieht. Das könnte der Linken und CSU das parlamentarische Überleben kosten - ja, auch der CSU, denn deren Stimmenanteil aus Bayern wird aufs gesamte Land umgelegt. Die Partei holte zwar im September 2021 31,7 Prozent in ihrem Freistaat - auf ganz Deutschland umgerechnet entsprach das aber nur 5,2 Prozent aller Stimmen. Damit schrammte die CSU nur knapp an der Fünf-Prozent-Hürde vorbei.