Israels ungewöhnlichster Politiker gehört zur islamischen Bwegung
Frankfurter Rundschau
Mansour Abbas hat es mit Pragmatismus und Finesse geschafft, seine arabische Partei in die Regierung zu bringen – und für seine Anhängerschaft bereits einiges erreicht. Das Porträt.
Seine Fraktion hätte Platz in einem VW-Käfer. Die Vereinte Arabische Liste, kurz Ra’am genannt, ist mit vier Abgeordneten die kleinste in der Knesset. Aber ihr Chef Mansour Abbas hat sich 2021 für viele Israelis als größte politische Überraschung entpuppt. Der 47-jährige, der erst Zahnmedizin und dann Politikwissenschaft studierte, kommt aus der islamischen Bewegung, aber ist durch und durch Pragmatiker. Einer, der mit allen kann, wenn für seine Klientel etwas dabei herausspringt, und deshalb antrat, als einer, der mitregieren will.
Eine Zeit lang ließ er sich im Frühjahr nach den Wahlen von Benjamin Netanjahu hofieren. Bis klar wurde, dass „Bibi“, Netanjahus Spitzname, keine Regierung zustande brachte. Woraufhin Mansour Abbas umschwenkte und der Anti-Netanjahu-Koalition unter Naftali Bennett zu einer Mehrheit verhalf. Damit schrieb er zugleich Geschichte. Erstmals seit der Staatsgründung Israels sitzt eine arabische Partei mit am Kabinettstisch. Abbas ist zwar kein Minister, sondern nur Vorsitzender des Ausschusses für arabische Angelegenheiten. Aber er ist eine Schlüsselfigur in der Regierung.
Als Oppositionschef scheint Netanjahu das kaum fassen zu können. Fast in jeder Parlamentssitzung keilt er aus gegen Abbas, der wie die Hamas der Moslem-Bruderschaft entspringe. Sich mit ihm gemein zu machen, sei Verrat am Zionismus. Abbas kontert solche Anwürfe, wenn er sie nicht einfach abperlen lässt, mit Witz und Schlagfertigkeit. Die Lacher jedenfalls hatte er auf seiner Seite, als er süffisant ausbreitete, wie toll „Bibi“ ihn seinerzeit in der Premierresidenz bewirtet und durch die Gemächer geführt habe.