Islamist, krank - oder beides? Unklare Motivlage in Würzburg
ProSieben
In einem Kaufhaus, einer Bank, auf der Straße: Mitten in Würzburg sticht ein Mann ihm unbekannte Menschen nieder. War es ein islamistischer Anschlag? Oder ist die Persönlichkeit des Mannes gestört? Oder beides?
Bei der Suche nach den Hintergründen für die tödliche Messerattacke von Würzburg haben es die Ermittler mit einer komplizierten Motivlage zu tun. Unklar war auch am Sonntag, zwei Tage nach dem Angriff, inwiefern die Psyche des 24 Jahre alten Somaliers eine Rolle gespielt hat - und ob auch islamistische Einstellungen zur Tat beigetragen haben könnten. "Es schließt sich auch nicht unbedingt gegenseitig aus", sagte Landesinnenminister Joachim Herrmann (CSU) am Samstag, knapp 24 Stunden nach der Gewalttat mit drei Toten und sieben Verletzten. Eine solche Situation gab es auch beim Anschlag eines Rassisten im hessischen Hanau. Der psychisch kranke Mann tötete 2020 neun Menschen mit Migrationsgeschichte, seine Mutter und sich selbst. Unterfrankens Polizeipräsident Gerhard Kallert warnte daher vor Vorverurteilungen: "Das Ergebnis kann nur am Schluss der Ermittlungen stehen." Herrmann sagte: "Es gibt jedenfalls Indizien dafür, dass es sich um einen islamistischen Anschlag handeln könnte." Ein Zeuge hatte dem Minister zufolge angegeben, der Verdächtige habe bei der Tat "Allahu Akbar" (deutsch: Gott ist groß) gerufen. Dschihadisten und Salafisten benutzen diesen Ausdruck oft wie einen Schlachtruf. Damit kapern die Extremisten die zentrale religiöse Formel des Islam, die seit Jahrhunderten von Muslimen weltweit benutzt wird. Der deutsche Terrorismusforscher Peter Neumann vom King's College London warnte vor einer vorschnellen Bewertung des Motivs. Wichtig sei etwa, wie intensiv und wie lange der Mann sich mit dschihadistischen Inhalten beschäftigt habe, ob er mit anderen hierüber gesprochen habe und in jüngster Zeit ein gesteigertes Interesse daran gehabt habe. "Ob der Attentäter von Würzburg ein "Dschihadist" war, ergibt sich aus den Antworten auf die zwei oben genannten Fragenkomplexe. Kurzum: Wir müssen uns gedulden, denn aufgrund bisheriger Informationen lässt sich die Frage (noch) nicht abschließend beantworten", betonte Neumann auf Twitter.More Related News