Islamismus-Prävention: Wie man Radikalisierung vorbeugen kann
Frankfurter Rundschau
Streetworker Fabian Reicher über seine Arbeit mit Jugendlichen aus der dschihadistischen Szene in Wien und die Anziehungskraft extremistischer Ideologien.
Herr Reicher, warum wenden sich Jugendliche dem sogenannten Islamischen Staat zu?
Das ist ganz unterschiedlich. Bei den Jungs, über die ich im Buch schreibe, ging es vor allem ums „Dagegen-Sein“. Der „Islamische Staat“ war für sie das beste Angebot für einen radikalen Bruch mit den Eltern und der Gesellschaft als Ganzes. Wenn ich ein Antiheld sein will, funktioniert der IS noch immer am besten.
Was sind das für Jugendliche, die „Antihelden“ sein wollen und den radikalen Bruch suchen? Gibt es ein Muster?
Ganz normale Jugendliche, die vor allem eines wollen: Anerkennung und Erfolg, sie wollen Helden sein. Mit 13, 14 oder 15 Jahren haben sie gemerkt, dass sie auf dem gesellschaftlich anerkannten Weg keine Chance haben. Die Jungs im Buch wurden in dieser Phase von der Geschichte vom globalen Dschihad abgeholt. Diese Erzählung gab ihrem Unmut und ihrer Wut eine Bedeutung. Auf einmal waren sie keine Kleinkriminellen mehr, sondern Teil einer globalen Protestbewegung und konnten die negativen Zuschreibungen, mit denen sie ihr ganzes Leben konfrontiert waren, damit umdrehen. „Wenn mich alle für einen Terroristen halten, werde ich halt einer“, hat mir Adam, über den ich schreibe, gesagt. Das beschreibt gut, worum es geht: negative Anerkennung. Er genoss die ängstlichen Blicke der Menschen, wenn sie das IS-Logo auf einer Kappe sahen.
Es geht also um Aufmerksamkeit?