Inzidenz steigt über 500: Was bedeuten die Höchstwerte für Deutschland?
ProSieben
Einst galt die Marke 50 als kritische Grenze - jetzt ist der Wert rund zehnmal so hoch.
Die Infektionszahlen kennen im Moment nur eine Richtung: steil nach oben. So überstieg die vom Robert Koch-Institut (RKI) gemeldete Sieben-Tage-Inzidenz am Sonntag erstmals die Marke von 500. Vor nicht allzulanger Zeit galt noch 50 als kritische Schwelle. Nun ist der Wert mit 515,7 mehr als zehn Mal so hoch. Gleichzeitig sind große Teile der Bevölkerung geimpft, zudem gilt die sich rasant ausbreitende Omikron-Variante als weniger krankmachend. Auch deshalb ist ein Kollaps der Kliniken und anderer wichtiger Bereiche bislang ausgeblieben. Doch die Frage steht im Raum, was Deutschland bei einer Inzidenz jenseits der 500 blüht.
RKI-Präsident Lothar Wieler sieht mit der rasanten Ausbreitung der neuen Omikron-Variante eine "neue Phase der Pandemie", in der weniger die reinen Fallzahlen, sondern die Zahl der Schwerkranken entscheidend sein werden. Doch bislang schlägt sich die Omikron-Welle nicht auf die Intensivstationen nieder. Die Zahl der dort behandelten Corona-Patienten ist seit der ersten Dezemberhälfte von rund 5000 auf zuletzt 2799 (Samstag) zurückgegangen. Auch mussten laut RKI zuletzt nur etwa halb so viele Menschen wegen Corona in eine Klinik als Anfang Dezember - mit recht stabilen Werten in den vergangenen Tagen. Allerdings schlagen sich hohe Infektionszahlen erst mit Verzug auf Kliniken und Intensivstationen nieder, weil bis zur Einlieferung einige Zeit vergeht.
Wieler warnt davor, dass durch die Masse an Infektionen - Omikron verbreitet sich deutlich schneller als Delta - auch die Zahl der Hospitalisierungen und der Todesfälle wieder steigen dürfte. Doch die entscheidende Frage ist: Wie stark? Mit Blick auf Intensivstationen sagt Christian Karagiannidis, wissenschaftlicher Leiter des Divi-Intensivregisters: "Einen Wiederanstieg der Zahl der Intensivpatienten in Deutschland dürften wir noch nicht ganz so schnell sehen." Während bei Delta rund jeder fünfte Corona-Patient, der in ein Krankenhaus kam, intensivmedizinische Versorgung benötigt habe, sei es bei Omikron nur ungefähr jeder Zehnte.
Die Frage, ab welcher Inzidenz - Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und Woche - in Deutschland in den kommenden Wochen erneut reagiert werden muss, hängt für Karagiannidis maßgeblich davon ab, ob das Omikron-Wachstum in Deutschland ebenfalls so rasant verlaufen wird wie in anderen Ländern. "Im Moment erwarte ich eher, dass wir es hierzulande gedämpft bekommen, durch die vergleichsweise guten und strengen Maßnahmen, wie zum Beispiel 2G plus." Noch seien aber nicht alle Fragen in Hinblick auf deutsche Besonderheiten geklärt: "Offen ist: Was passiert, wenn Omikron bei älteren und hochaltrigen Menschen ankommt? Das bereitet mir noch Sorgen", sagte er. Die Inzidenzen in Deutschland sind derzeit bei jungen Menschen deutlich höher als bei Älteren.