
Internationaler Frauentag: Untragbare Zustände aufgedeckt
Frankfurter Rundschau
Zukunft hat nur eine geschlechtergerechte Welt. Das ist die Botschaft des Frauentags. Der Leitartikel.
Frankfurt – Wie wär’s mal mit Zorn? Nicht mit Ärger oder Erregung, die sind zu harmlos, weil nicht widerborstig genug. Auch nicht mit Groll oder Wut, die zwar heftig daherkommen, aber zu schnell verpuffen. Mit Zorn ist es anders. Zorn ist nachhaltig. Ein Zeichen, dass es endgültig reicht. Eine unmissverständliche Warnung, nichts mehr kampflos hinzunehmen. Wenn die Welt nicht in Ordnung ist, kann frau sich abfinden. Oder sie kann etwas tun. Dann braucht sie Zorn als Begleiter. Als Antriebskraft, als Push zum Widerstand.
Wieder einmal war Internationaler Frauentag. Wieder einmal war der Blick verstärkt auf die eine Hälfte der Menschheit gerichtet. Doch was sich da zeigte, könnte übler kaum sein. Die Welt ist ein Misthaufen voller Krisen, Kriege und Gewalt. Und es sind Mädchen und Frauen, die am stärksten darunter leiden.
Egal, in welche Bereiche man schaut. Egal, ob es um Freiheit und sexuelle Selbstbestimmung geht, um das Recht am eigenen Körper und seine Unversehrtheit, um den Anspruch auf Nahrung, Bildung, Arbeit und medizinische Versorgung. Die Lage von Frauen hat sich weltweit verschlechtert, stellt Amnesty International fest. Wären da nicht Megatonnen weiblichen Zorns angesagt?
Zorn – wegen der Ukraine: Ein imperialistischer Autokrat zwingt Männer zu den Waffen, Frauen und Kinder in die Bunker und auf die Flucht. Über eine Million sind bereits vertrieben. Und wie immer, wenn Gewalt das Sagen hat, wird Frauen aufgrund ihres Geschlechts viel Gewalt angetan. In der Ostukraine, schon lange Konfliktgebiet, haben die Angriffe auf Frauen stetig zugenommen. Nach dem russischen Überfall werden sie im ganzen Land nicht nur durch Bomben bedroht sein.
Zorn – wegen des Abtreibungsrechts: Die Herrschaft über den weiblichen Körper und seine Fruchtbarkeit gehört zu den ältesten Waffen des Patriarchats. Und wird bis heute aggressiv eingesetzt. Ein Feld, auf dem sich Fanatiker aller Couleur austoben. Wird in dem ein oder anderen Land, wie kürzlich in Irland, Argentinien und Mexiko, das Abtreibungsrecht liberalisiert, wird es in anderen garantiert verschärft. In den USA hat Texas ein Kopfgeld auf alle ausgesetzt, die bei einem Schwangerschaftsabbruch helfen. In El Salvador müssen Frauen ein Kind austragen, selbst wenn sie dabei sterben.