
Inflation in Polen: Ist Putin Schuld?
DW
Polen hat eine der höchsten Inflationsraten in Europa. Die Regierung gibt Russland die Schuld, Energie als Waffe zu benutzen. Kritiker hingegen machen Warschaus Finanzpolitik verantwortlich. Wer hat Recht?
Die neuesten Prognosen der Polnischen Nationalbank (NBP) klingen düster: das Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll voraussichtlich im ersten Quartal des nächsten Jahres auf knapp 0,5 Prozent sinken, während die Inflationsrate auf 18,8 Prozent ansteigen könnte. Demnach müsste sich die polnische Bevölkerung auf eine der drastischsten Preisanstiege Europas einstellen.
Schon jetzt ist die Inflation mit einer Rate von 15,5 Prozent im Juni auf dem höchsten Stand seit dem Ende des Kommunismus in Polen vor mehr als 30 Jahren.
Nach Angaben des Polnischen Wirtschaftsinstituts (PIE) resultiert der größte Teil der Teuerung von höheren Lebensmittel- und Energiekosten, die 66 Prozent des Preisanstiegs ausmachen. Die Verbraucherpreise für Energie sind seit Ende 2021 um 21,6 Prozent gestiegen, die Preise für Dienstleistungen um zwölf Prozent gestiegen, Industriegüter um zehn Prozent.
Um den Preisanstieg einzudämmen, hat die NBP die Zinsen seit Oktober vergangenen Jahres zehnmal in Folge erhöht, von einem Tiefstand von 0,1 Prozent auf jetzt 6,5 Prozent. Ludwik Kotecki von der Denkfabrik Monetary Policy Council (MPC) erwartet, dass die Zentralbank den Leitzins auf ihrer nächsten Sitzung im September erneut anheben wird.
Die aktuellen Preissteigerungen stehen im starken Kontrast zur wirtschaftlichen Stabilität der vergangenen 30 Jahre, mit jährlichen Inflationsraten von knapp über 3,5 Prozent. Außerdem war Polen der einzige EU-Mitgliedstaat, der nach der Finanzkrise 2008 der Rezession entkam.