Indien: Aufstrebendes Land, hungernde Kinder?
DW
Im Kampf gegen Armut und Hunger hat die Wirtschaftsmacht Indien große Erfolge erzielt. Doch im Welthunger-Index schneidet das Land schlecht ab. Der Index sei fehlerhaft, meint die indische Regierung.
Ein Teller mit Reis, Linsen und etwas Gemüse. Solch eine warme Mahlzeit erhalten in Indiennach Angaben der Regierung jeden Mittag fast 120 Millionen Schulkinder. Seit dem Jahr 2001 muss jede staatliche Schule im Land das "Midday Meal" kostenfrei anbieten.
"Die Regierung führt das weltweit größte Programm zur Ernährungssicherung durch" schreibt das indische Ministerium für Frauen und Kinder in einer Pressemitteilung vom 15. Oktober. Und verweist auf weitere staatliche Hilfen wie die monatliche Verteilung von Getreidesäcken an besonders arme Familien im Land.
Durch die Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion sei die Pro-Kopf-Versorgung der Inder mit Kalorien zudem von Jahr zu Jahr gestiegen, so das Ministerium weiter. "Es gibt absolut keinen Grund, warum die Unterernährung im Lande zugenommen haben sollte."
Die indische Regierung reagiert damit auf den Welthunger-Index 2022, der die Ernährungslage in Indien mit einem Wert von 29,1 als "ernst" einstuft. Das Land fällt im Ranking nach unten und landet auf Platz 107 von 121 Ländern. Dass die aufstrebende Wirtschaftsmacht noch hinter ihren Nachbarn Pakistan und Bangladesch liegt, sorgt im Land für viel Aufregung. Besonders die hindunationalistische Regierungspartei BJP von Premierminister Narendra Modi sieht darin einen westlichen Angriff auf das Prestige des Landes. "Wieder einmal wird versucht, Indiens Ruf zu schädigen", heißt es aus dem Ministerium für Frauen und Kinder. Der Index nutze ein falsches Maß für den Hunger und leide unter schwerwiegenden methodischen Problemen.
"Es gibt natürlich verschiedene Arten, wie man Hunger messen kann", sagt dazu Laura Reiner von der Welthungerhilfein Deutschland. Die aus staatlichen und privaten Mitteln finanzierte Hilfsorganisation veröffentlicht jährlich gemeinsam mit der irischen Nichtregierungsorganisation Concern Worldwide den Welthunger-Index. "Uns ist wichtig, das Problem des Hungers in seiner Komplexität zu messen", sagt Reiner der DW.