Im Sudan liegen die Hoffnungen auf der Straße
DW
Ein Jahr ist es her, dass im Sudan eine Militärregierung die Macht übernahm. Doch der steht eine riesige Protestbewegung gegenüber. Das Land schlittert in eine humanitäre Katastrophe.
Die Straßen Khartums waren brechend voll an diesem denkwürdigen 25. Oktober 2021. Tausende waren gekommen, sie demonstrierten, sie riefen: "Keine Machtteilung mit dem Militär" oder "Zurück in die Kasernen". Kurz zuvor waren der zivile Premierminister Abdalla Hamdok und seine demokratische Übergangsregierung von General Abdel-Fattah al-Burhan aus dem Amt gedrängt worden.
Ein Jahr ist das nun her und der Sudan kommt nicht zur Ruhe. Proteste wie der damalige sind inzwischen Alltag geworden. Zivilisten demonstrieren immer wieder gegen die Militärregierung. "Hier in Khartum werden sogar Pläne herumgereicht, wann diesen Monat wo welcher Protest stattfindet", berichtet Christine Röhrs, Repräsentantin der deutschen SPD-nahen Friedrich-Ebert Stiftung (FES) im Sudan. Gerade letzten Donnerstag war es wieder soweit. "Morgens waren alle hektisch damit beschäftigt, zur Arbeit zu kommen, bevor Straßen wieder lahmgelegt werden oder man nicht mehr durchkommt", so Röhrs.
Doch die Machthaber vom Militär reagieren immer wieder brutal auf aufkeimende Proteste. Zahlen des Zentralen Komitees der sudanesischen Ärzte legen nahe, dass bereits 120 Personen getötet wurden, 7000 sind im Laufe der letzten zwölf Monate verletzt worden. "Das sind fortgesetzte Proteste der Zivilgesellschaft, getragen vor allem von der Jugend", so Röhrs.
Eine von ihnen ist die 37-jährige Rania Abdelaziz. "Ich bin beeindruckt davon, wie wir als Nation gewachsen sind und wie stark unsere Widerstandsfähigkeit ist", sagt die Aktivistin im Gespräch mit der DW. "Wie oft war ich schon müde, erschöpft, und dachte mir, ich sei kurz vorm Aufgeben. Dann aber habe ich wieder gesehen, dass ich nicht alleine bin. Und zusammen kämpfen wir weiter."
Ein funktionierendes politisches System ist in dem einen Jahr nicht entstanden. Die Protestbewegung und die Militärregierung befinden sich in einem Patt, der jeden politischen Prozess lahmlegt. Nach Burhans Machtergreifung wurde Hamdok erst verhaftet und dann zwar wieder eingesetzt, kurz danach stellte er das Amt aber wieder zur Verfügung. Neun Monate nach Beginn der Proteste sagte Burhan zu, dass es Wahlen geben solle und er danach zurücktreten werde. Dabei bestand er allerdings auf einer zivilgeführten Regierung, die eng mit einem militärgeführten Obersten Rat zusammenarbeitet.