
"Ich halte die Verfassungsklagen für zwingend erforderlich"
n-tv
Die Ampel-Parteien haben ihre Wahlrechtsreform durch den Bundestag gebracht. Doch der Gesetzesvorstoß erntet auch viel Kritik - etwa vom Politologen Albrecht von Lucke. Der bemängelt die völlige Entwertung der Erststimme - und begrüßt die von Linkspartei und Union angekündigten Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht.
ntv: Was sind denn die Stimmen der Wählerinnen und Wähler überhaupt noch wert, wenn die Kandidaten, die direkt gewählt werden, gar nicht mehr sicher in den Bundestag einziehen können?
Albrecht von Lucke: Das ist ein Riesenproblem. Und ich halte tatsächlich die Klagen vor dem Verfassungsgericht für zwingend erforderlich. Wir müssen uns eines bewusst machen: In einem Land wie Bayern, in dem momentan die CSU weit über 40 Direktmandate bekommt und mit der Erststimme in den Bundestag einzieht, wäre der Fall dann der - falls die CSU beim nächsten Mal unter die Fünf-Prozent-Hürde fiele -, dass kein einziger der Erststimmen-Gewinner, also der Direktmandate-Gewinner in den Bundestag einziehen würde. Das wäre für mein Verständnis ein eklatanter Verstoß gegen das Verhältnis von direkten Mandaten und Zweitstimmen. Hier ist das, was das Verfassungsgericht eigentlich einmal vorgeschrieben hat, beides immer in ein stimmiges, angemessenes Verhältnis bringen zu müssen, nicht mehr gewährleistet. Deswegen halte ich diese Regelung für höchst bedenklich.
Leidtragende wären ja dann nach dem aktuellen Stand vor allem die Linken und die CSU. Werten Sie das als einen gezielten Angriff auf die beiden Parteien?

Sie hatten sich doch längst verabschiedet, nun sind sie wieder da: Der ganze alte Bundestag kommt in Berlin zusammen, um über die Schuldenpläne von Union und SPD zu diskutieren. Im Zentrum des Geschehens: die Grünen. Um deren Zustimmung werben die kommenden Regierungsparteien. Doch die zieren sich genüsslich.