"Ich habe mich irgendwie geärgert und gleichzeitig gefreut"
Süddeutsche Zeitung
Skispringerin Katharina Althaus verpasst in einem packenden Finale nur knapp Olympia-Gold - auch wegen einer mindestens grenzwertigen Wettkampfführung.
Sie lächelt, wenn sie mit den Skiern auf der Schulter zum Lift stapft. Sie grinst, wenn sie an der Reportern vorbeiläuft, und auch in den letzten Minuten der Konzentration wirkt ihre Miene zumindest optimistisch. Schließlich, wenn sich Katharina Althaus auf den Startbalken schwingt, wenn ihre Augen von der Spiegelbrille verdeckt werden, dann sieht man noch ihre Mundwinkel zucken - das kann eigentlich nur Vorfreude sein. Denn Althaus stürzt sich in die Spur, sie fliegt, landet und bremst und lacht aus voller Lunge. So erlebt man die Oberstdorfer Skispringerin fast immer. Sogar am ersten Samstagabend dieser Spiele, gleich nach dem Einzelspringen der Frauen, jedenfalls nachdem Althaus zunächst ihr Gesicht hinter den Händen verborgen, offenbar auch geweint hatte und in sich gegangen war.
Sie lächelte also wieder, aber das war nicht selbstverständlich. Es gäbe eine Reihe von Skispringerinnen und Skispringern, die nach so einem packenden Finale, wie es sich in diesem Olympia-Frauenspringen von der Normalschanze entwickelt hatte, mindestens spitze Bemerkungen fallen gelassen, oder auch offen gegen die Wettkampf-Jury gelästert hätten. Doch dies ist offenbar weniger die Art von Althaus. Selbst dann, wenn sie soeben Gold knapp an die Slowenin Ursa Bogataj verloren und Silber vor der Slowenin Nika Kriznar gewonnen hatte, und dies wegen einer mindestens grenzwertigen Wind-Entscheidung der Rennleitung.
Rund zehn Minuten zuvor war dieser Abend, der wegen seiner Spannung länger in Erinnerung bleiben dürfte, in seiner Schlussphase angelangt. Fünf bis sechs Kandidatinnen auf einen Medaillenplatz waren da noch übrig. Doch weder die Japanerin Sara Takanashi noch die Norwegerin Silje Opseth schafften es unter die Besten. Auch die erste der drei slowenischen Spitzenspringerinnen scheiterte an ihrem zweiten Sprung, Kriznar machte es dann besser, ebenso Bogataj. Team Slowenien hatte das geboten, was wohl gemeint ist, wenn jemand ein Stadion oder einen Wettkampf "rockt". Auf den Rängen war zwar niemand, aber die Vorführung der Sloweninnen, die sich im ersten Durchgang schon gegenseitig zu Hochleistungen und extrem risikofreudigen Sprüngen gegenseitig antrieben, überraschte.
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Althaus, die Weltranglisten-Zweite, war die Letzte der Party, die noch auftreten musste. Doch während sie sich konzentrierte, drehte der Wind in den Bergen nordöstlich von Peking und blies statt von unten die Schanze hinauf, von oben die Anlage hinab. Übliche Folge: die nächste Springerin wird in der Luft vom Rückenwind leicht zu Boden gedrückt, was zwar durch Extrapunkte etwas kompensiert wird, jedoch im Endeffekt meist ein Nachteil bleibt.