![HSV gegen Pauli: Ziemlich beste Feinde](https://www.fr.de/bilder/2023/04/20/92223254/31487680-und-wer-behaelt-am-freitag-die-oberhand-leart-paqarada-li-mit-st-pauli-oder-laszlo-benes-mit-dem-hsv-jef.jpg)
HSV gegen Pauli: Ziemlich beste Feinde
Frankfurter Rundschau
Das Hamburger Derby verspricht diesmal besonders viel Spannung – auch weil sich die Trainer nicht besonders mögen.
Viele Fans des Hamburger SV fühlen sich gerade ziemlich unentschieden. Die warme Vorfreude aufs ausverkaufte Derby am Freitagabend (18.30 Uhr/Sky) im Volksparkstadion gegen den FC St. Pauli mischt sich mit kalter Angst; bloß nicht wieder Scheitern im fünften Jahr in Liga zwei. Nicht wieder nur Vierter werden, wie schon in den ersten drei Jahren nach dem Abstieg, und besser auch nicht Dritter, wie vergangene Saison, als in der Relegation nach einem Hamburger Hinspielsieg in Berlin dennoch Hertha BSC den Erstligaverbleib schaffte.
Die Anspannung im Fanlager ist mit Händen zu greifen. Ein sechstes Jahr im Unterhaus würde für den anno 2018 letzten ausgestorbenen Bundesliga-Dino einem neuerlichen Nahtoderlebnis gleichkommen. Dann wäre auch die beim HSV handelsunübliche Kontinuität auf den entscheidenden Positionen Sportvorstand und Cheftrainer gescheitert. Jonas Boldt und Tim Walter durften trotz gescheiterter Aufstiegsmission 2022 entgegen mancher Gegenströmung im Verein, Vorstand und Aufsichtsrat nämlich bleiben.
Man könnte es derzeit so sehen: Nur eines der letzten fünf Spiele haben die Rothosen gewonnen. Oder man sieht es lieber so, wie Trainer Tim Walter es errechnet hat: 53 Punkte nach 28 Spieltagen und somit „die beste Saison, die der HSV bisher in der zweiten Liga gespielt hat“. Der Presseraum war gerammelt voll am Mittwoch, als Walter seine allseits bekannten Wahrheiten verbreitete: „Sind immer bei uns geblieben“, „stehen für was“, „haben unseren Spielstil“, „ziehen unser Ding durch“. Und dann sagte der im Umgang mir den regionalen Medien nicht unbedingt Herzenswärme verbreitende Chefcoach noch: „Man muss nicht immer alles negativ sehen.“
Die einheimische Presse hatte es nämlich durchaus negativ gesehen, und das gewiss nicht zum ersten Mal, dass vergangenen Samstag beim 0:2 in Kaiserslautern der Rückstand nur deshalb entstand, weil der HSV auf einen langen Sicherheitsschlag verzichtete, unter Druck dennoch flach aufbauen wollte und den Ball verlor. Deshalb seine Herangehensweise zu verraten, kommt für Walter nicht in Frage.
Da kann der gute Mann auch mal ungemütlich werden und verbal eine Schublade tiefer rutschen. Unleidliche Menschen, die den Hanseaten voraussagen, dass sie so wieder den Aufstieg verpassen, ignoriert er geflissentlich: „Ist mir scheißegal. Wir sind von uns überzeugt, genau so treten wir auf.“ Dabei hatte Mittelstürmer Robert Glatzel nach der Schmach vom Betzenberg schon mal zartbitter darauf hingewiesen, dass es unter Gegnerdruck angeraten sein könnte, auch mal einen Notball in die Spitze zu bolzen. Für Walter ein Rotes Tuch.