
Hongkongerin Chow zu langer Haft verurteilt
DW
Die Aktivistin hatte dazu aufgerufen, an das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking von 1989 zu erinnern - was China missfällt.
In Hongkong ist die prominente Demokratie-Aktivistin Chow Hang-tung zum zweiten Mal wegen Aufrufen zur Teilnahme an einer verbotenen Tiananmen-Mahnwache verurteilt worden. Ein Gericht verhängte eine 15-monatige Haftstrafe gegen die bereits inhaftierte Anwältin, weil sie andere Menschen durch ihre Artikel zur Missachtung des Verbots angestiftet habe.
Chow, die sich selbst verteidigte, warf den Gerichten in der chinesischen Sonderverwaltungszone vor, die Behörden dabei zu unterstützen, die Erinnerung an die gewaltsame Niederschlagung der Demokratieproteste 1989 in Peking zu tilgen.
"Die Botschaft dieses Urteils ist, dass das Anzünden einer Kerze schuldig macht, dass Worte schuldig machen", sagte Chow vor dem Gericht. "Der einzige Weg, Redefreiheit zu verteidigen, ist, sich zu äußern." Das wahre Verbrechen sei, "Mörder mit Gesetzen zu decken und Opfer im Namen des Staates auszuradieren". Die 36-jährige Chow ist eine ehemalige Anführerin der inzwischen aufgelösten Hong Kong Alliance, welche die jährlichen Tiananmen-Mahnwachen organisiert hatte.
Einst waren die Mahnwachen eines der deutlichsten Symbole für Hongkongs politische Pluralität. An den beiden zurückliegenden Jahrestagen wurden sie jedoch untersagt. 2020 hatten sich Zehntausende Menschen dem Verbot widersetzt: Sie kamen friedlich im Victoria Park der Stadt zusammen, um an das Massaker auf dem Pekinger Tiananmen-Platz zu erinnern.
Bei der gewaltsamen Niederschlagung von Protesten für mehr Demokratie waren am 4. Juni 1989 zahlreiche Demonstranten getötet worden. Ihre Zahl ist bis heute nicht bekannt; Schätzungen reichen von mehreren Hundert bis mehr als 1000 Menschen. Chow wurde am Morgen des 4. Juni 2021 festgenommen, nachdem sie die Bürger Hongkongs in zwei Artikeln aufgerufen hatte, Kerzen anzuzünden und des Jahrestags zu gedenken.