
Hofmaler Hummel in der Alten Nationalgalerie Berlin: Ein Fanatiker der Perspektive und des Lichts
Frankfurter Rundschau
Die Alte Nationalgalerie Berlin nimmt erneut Anlauf, dem preußischen Biedermeier-Maler Johann Erdmann Hummel gerecht zu werden.
Spieglein, Spieglein ... Auf der polierten Außenhaut der riesigen Granitschale im Lustgarten tanzen die Strahlen der geizig gewordenen Herbstsonne. Die Wasserspiele und die Umrisse des nahen Doms spiegeln sich. Das vom Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. in Auftrag gegebene, die Naturphänomene Licht und Schatten einfangende 75-Tonnen-Gefäß entwarf Johann Erdmann Hummel, Professor an der Berliner Kunstakademie. Hof-Steinmetz Cantian schnitt es aus einem einzigen Steinbrocken, und 1831 wurde es vor Schinkels Altes Museum gesetzt.
Das einer Taufschale gleichende Monument ist als „Biedermeierweltwunder“ bezeichnet worden. Die Reflektionen des Lichtes hatte Hummel auf seinen Gemälden akribisch vorgegeben. Diesen Licht-Phänomenen ist jetzt in der Alten Nationalgalerie der erste Raum einer Schau über Johann Erdmann Hummel (1769–1852) gewidmet. In dieser führt der Maler uns zugleich die ingenieurtechnische Leistung samt Schleifen und Polieren der gigantischen Schale vor Augen. Hauptthema ist allerdings sein avantgardistischer Fanatismus der Reflexion.
Hummel-Forscherin Birgit Verwiebe hat diese Schau mit 45 Gemälden und 50 Zeichnungen, mit Werken aus der Nationalgalerie und Leihgaben aus Kassel, Erfurt, Hannover, München und Köln kuratiert. Gelungen ist ihr damit die mittlerweile dritte Wiederentdeckung des Malers, der seinerzeit den respektvollen Spitznamen „Perspektiv-Hummel“ bekam. Mit seinen magischen Spiegelungen und dem fast schon veristischen, also schneidend präzisen Porträt- und Detail-Stil war der aus Kassel stammende Wahlberliner seiner Zeit – dem nicht gerade als futuristisch bewerteten Biedermeier – weit voraus.