
Hofheim: Die Sucht aus dem Internet
Frankfurter Rundschau
Das Zentrum für Jugendberatung im Main-Taunus-Kreis startet Präventionsprojekte zu exzessivem Medienkonsum und Online-Drogenwerbung. In Corona-Zeiten sei das umso wichtiger.
Der 14-Jährige sitzt seit Stunden vor dem Computer. Erst hatte er Online-Unterricht, jetzt läuft auf dem Bildschirm ein Ballerspiel. „O. k., muss auch mal sein“, denken die Eltern. „Hat eh keinen Sinn, ihm das komplett zu verbieten.“ Was sie nicht wissen: Der Sohn spielt nicht selbst. Über den Monitor flimmert der Live-Erfahrungsbericht eines Youtubers, der Fenantyl eingenommen hat. Dabei handelt es sich um ein künstlich hergestelltes Opioid, das schmerzstillende Wirkung hat und immer häufiger als illegale Droge missbraucht wird. „Wir haben gemeinsam den Sektor verteidigt“, ist auf dem Bildschirm zu lesen. Will heißen: Wer die Tabletten schluckt, steht auf der Gewinnerseite. „Dass diese Substanzen hochgefährlich sind und abhängig machen können, wird in den Videos nicht erwähnt“, weiß Wolfgang Mazur, Leiter des Zentrums für Jugendberatung und Suchthilfe im Main-Taunus-Kreis. Dutzende solcher Videoclips kursierten im Netz. Auch der bekannte Rapper Capital Bra propagiert ein Opioid, das beruhigend, euphorisierend und enthemmend wirken soll. „Das Leben ist zu kurz, um nicht zu rauchen. Gib mir Tilidin, ich könnte was gebrauchen“, heißt es in einem seiner Songs, der bereits 80 Millionen Mal im Internet angeklickt wurde. Dieser Trend stellt das Expertenteam im Zentrum für Jugendberatung und Suchthilfe vor neue Herausforderungen. „Junge Leute leben heute ein Stück weit im Internet“, sagt Wolfgang Mazur. In Zeiten der Corona-Pandemie würden digitale Medien besonders stark genutzt. Damit steige nicht nur das Risiko, von Computerspielen und Sozialen Netzwerken abhängig zu werden, sondern auch die Gefahr, über das World Wide Web mit illegalen Drogen in Kontakt zu kommen.More Related News