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Hoffen auf die Heim-EM
Frankfurter Rundschau
Fünf deftige Niederlagen haben den deutschen Handball jüngst aufgeschreckt. Bis zur EM in eigener Halle ist einiges zu tun. Die Parallelen zum Fußball sind unübersehbar.
Die Euro-Cup-Bilanz der deutschen Handballer liest sich verdächtig ähnlich betrüblich wie die der Kollegen vom Deutschen Fußball-Bund bei der Nations League: fünf zumeist hohe Niederlagen in fünf Spielen gegen den WM-Dritten Spanien, Weltmeister Dänemark und Europameister Schweden vor der letzten Begegnung am Sonntag (15.35 Uhr/ARD) in Berlin gegen Spanien.
Schmerzlicher als die 23:32-Klatsche in Schweden trifft das Team von Bundestrainer Alfred Gislason der Achillessehnenriss von Paul Drux. Der 28-Jährige ist ein erfahrener Mann, der sich stets reinhaut, einer, der die Jüngeren führen kann, eines der wenigen bekannten Gesichter des deutschen Handballs zudem. Ob der Rückraumspieler mit dieser schweren Verletzung zur Heim-Europameisterschaft im kommenden Januar wieder im Vollbesitz seiner Kräfte sein wird, dürfte lange ungewiss bleiben.
Ohnehin hängt im deutschen Rückraum viel an den jungen Juri Knorr und Julian Köster, beide Jahrgang 2000, beide hochgewachsen, wurfgewaltig und technisch stark. Förderlich wäre zudem, wenn Routinier Hendrik Pekeler zurückkehrte. Der Mann mit den stechendsten Augen im Handballland hat aus eigenem Antrieb auf die WM 2023 verzichtet (Deutschland wurde ordentlicher Fünfter nach einer herben Viertelfinal-Niederlage gegen Frankreich) und fehlte auch jetzt. Beim nächsten Lehrgang im Oktober soll der Abwehrspezialist wieder dabei sein und an der Seite von Kapitän Johannes Golla den Gegnern das Torewerfen erschweren. Aber Obacht: So eine Re-Integration nach längerer Abstinenz gestaltet sich mitunter schwierig - siehe im Fußball die Beispiele Thomas Müller und Mats Hummels.
Überhaupt sind die Parallelen in der Deutschen liebsten Mannschaftssportarten offenkundig: Die Fußballer erlebten 2006 ihr Sommermärchen, die Handballer beim WM-Sieg 2007 im eigenen Land ein Wintermärchen. Beide tragen kommendes Jahr eine EM zu Hause aus, beide sind von der Weltspitze mittlerweile ein gutes Stück entfernt, in beiden Teams üben sich erfahrene Trainer in ihrer Personalauswahl noch im Prinzip des „Versuchs und Irrtums“, in beiden Sportarten führt die weltweit beispiellose Quantität an der Basis seit vielen Jahren schon nicht mehr zu Top-Qualität in der Spitze.
Und doch kann sowohl im Handball als auch im Fußball das Flair eines Turniers in ausverkauften, stimmungsvollen Spielstätten vor den eigenen Fans im kollektiven Rausch münden. Die Kraft dazu hat das hiesige Publikum gewiss. Die Probleme in der Talententwicklung sind davon allerdings unbenommen.