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Historie als Warnung für England
Frankfurter Rundschau
Fünf Mal haben Gastgeber schon in einem EM-Finale gestanden und mehrheitlich gewonnen, aber die Beispiele von Frankreich 2016 und Portugal 2004 müssten England jetzt warnen.
Es ist nicht so, dass es das alles noch nicht gab. „Wiedergeburt der Squadra Azzurra. Sieg nach 30 Jahren der Enttäuschung!“, titelte die „Gazzetta dello Sport“, als sich zumindest ganz Rom in den Armen lag. Nach dem 10. Juni 1968, als Italien das erste und bis heute das einzige Mal bei einer Europameisterschaft triumphierte. Gespielt wurde im eigenen Land – und mit nur vier Teams. Die Halbfinals in Neapel und Florenz, die Finals in Rom. Das Besondere war damals nicht nur, dass die Italiener, zu diesem Zeitpunkt zweimaliger Weltmeister (1934 und 1938), nach einer Nullnummer gegen die Sowjetunion einen Münzwurf des deutschen Schiedsrichters Kurt Tschenscher benötigten, um überhaupt ins Finale zu kommen, sondern dann binnen drei Tagen noch zweimal gegen Jugoslawien antraten. Elfmeterschießen gab es noch nicht, dafür ein Wiederholungsspiel. Und da hatten die Azzurri dank ihres überragenden Torhüters Dino Zoff das bessere Ende für sich. Die Torwartlegende hat im Interview mit dem Sportinformationsdienst bekräftigt, dass die sowjetischen und jugoslawischen Kaderschmieden in den 60er-Jahren eigentlich über die besseren Fußballer verfügten. „Das waren zähe Widersacher“, sagte der 79-Jährige. Zugleich erinnerte er sich an das revolutionäre Jahr 1968, „ein Jahr mit vielen politischen und sozialen Turbulenzen“, so Zoff, „doch wir waren alle ganz auf Fußball konzentriert. Der Rasen war für uns ein Schlachtfeld, von allem anderen drum herum haben wir damals wenig mitbekommen.“ Doch ohne den Heimvorteil, hieß es von anderen Zeitzeugen immer wieder, hätte die Riege um Regisseur Gianni Riviera den Kraftakt nicht hinbekommen. Schon vier Jahre zuvor hatte Spanien gezeigt, wer Herr im eigenen Haus ist. 1964 hatten bereits 29 von 33 Uefa-Mitgliedern gemeldet, zu den vier Verweigerern gehörten die widerspenstigen Deutschen. Spanien wurde nach Erreichen der Endrunde zum Ausrichter benannt. Die 79 115 Fans, die dann zum Endspiel gegen die Sowjetunion ins Bernabeu-Stadion strömten, darunter auch Diktator Francisco Franco, sind heute noch Finalrekord. Erst 1984 in Frankreich erreichte der Ausrichter wieder den Showdown zum Abschluss, als sich Europas Dachverband das zweite Mal ein Achter-Turnier zutraute. Die Franzosen gaben sich viel mehr als Italien vier Jahre zuvor dem Reiz mit den besten acht europäischen Mannschaften hin. Dass die Equipe Tricolore zu diesem Zeitpunkt elegante Ballkünstler in ihren Reihen hatte, gab dem gesamten Turnier einen Schub.More Related News